32. exground – 15. bis 24. November in Wiesbaden

Der Rio de Janeiro segnende Christus auf dem Festivalplakat zeigt es an: Brasilien steht im Mittelpunkt. Die etwas zähe brasilianische Mischung aus Familiendrama und Horrorfilm, »The Father’s Shadow« (A sombra do pai), wird am 15.11. das traditionsreiche Filmfest eröffnen.
Rund 20 aktuelle und historische Lang- und Kurzfilme, eine Ausstellung mit brasilianischer Videokunst und eine weitere der Fotografin und Brasilienexpertin Anja Kessler sowie zwei Podiumsdiskussionen zur Situation der Filmemacher und der Menschenrechte in Brasilien prägen »exground« in diesem Jahr. »Besonders interessant ist der Fokus als Momentaufnahme vor einschneidenden gesellschaftlichen und kulturpolitischen Umwälzungen, die – ausgelöst durch den Amtsantritt Jair Bolsonaros im Januar 2019 – das brasilianische Kino grundlegend beeinflussen dürften«, erklärt Kurator Amos Borchert die Wahl des Länderschwerpunktes.
Im Filmprogramm sind Highlights wie der preisgekrönte »Bacurau« von Kleber Mendonça Filho und Juliano Dornelles mit Udo Kier als unbarmherzigem Menschenjäger oder Karim Aïnouz’ neues Werk »Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão« (A vida invisível de Eurídice Gusmão) angekündigt. Das im Rio de Janeiro der 1950er-Jahre angesiedelte Drama um zwei ungleiche Schwestern hat Brasilien für den fremdsprachigen Oscar angemeldet und Ende des Jahres auch in die hiesigen Kinos kommen.
Als weiterer Oscaranwärter, von Algerien nominiert, wird »Papicha« von Mounia Meddour im Jugendprogramm »exground youth days« laufen. 1997 gehen zwei mutige junge Frauen regelmäßig in einen Nachtclub, um zu feiern. Mit ihren westlichen Outfits gehen sie nachts auf den Straßen ein hohes Risiko ein.
In der Sektion »International« wird der beim Internationalen Filmfestival Odessa dreifach ausgezeichnete und von Schweden eingereichte Oscar-Beitrag »Als wir tanzten« (And Then We Danced) des georgisch-schwedischen Regisseurs Levan Akin gezeigt. Für den jungen Tänzer Merab dreht sich alles um seine Tanzkarriere im georgischen Nationalballett, bis ein attraktiver Neuling ihm bei aller Rivalität begehrenswert erscheint.
Für Ecuador geht Gabriela Calvaches Drama »The Longest Night« (La mala noche) ins Oscarrennen. Der Film handelt von einer jungen Mutter, die ihre Medikamentensucht mit Prostitution finanziert und dadurch aus der Abhängigkeit von ihrem gewalttätigen Zuhälter nicht entrinnen kann. Sie beschließt, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen …
»It Must Be Heaven« von Elia Suleiman, dem »Buster Keaton des Nahen Ostens«, wird schließlich Palästina repräsentieren. Der Regisseur tritt in seinen Filmen selbst vor die Kamera und sucht, fernab von seiner Heimat, in New York und Paris nach einer neuen Bleibe. Damit liefert er eine Komödie zum ernsten Thema des Palästina-Konflikts. Es dürfte interessant sein, zu beobachten, welche der erwähnten Filme es in die Endnominierung schaffen.
Das Festivalzentrum befindet sich wie üblich im Caligari Filmtheater, zusätzliche Vorstellungen im Murnau Filmtheater und im Kulturpalast.

cw (Foto: »Papicha« von Mounia Meddour läuft im Jugendprogramm »exground youth days«)
www.exground.com

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