Von Rimini bis Ramba-Zamba: Das 12. Inklusionsfestival »Grenzenlos Kultur« in Mainz (12.–22. September) thematisiert Heimat(en)

In Frankfurt haben Christian Hempel, Benjamin Jürgens und Bijan Karrenberger mit einer Schau Furore gemacht, die von nichts anderem handelt als von ihnen selbst. Von ihrem Leben mit dem Tourette-Syndrom. »Chinchilla Arschloch waswas« – realisiert mit Helgard Haug und dem Kollektiv Rimini-Protokoll sowie der Musikerin Barbara Morgenstern (s. Strandgut 5/2019). Jetzt eröffnet das Stück noch vor der Wiederaufnahme am Bockenheimer Depot in Frankfurt das 21. Grenzenlos-Kultur-Festival in Mainz (12./13. September). Mit gutem Grund: Die Frage nach der öffentlichen Akzeptanz des Lebens mit Tourette passt schließlich bestens zum diesjährigen Motto des Inklusions-Festivals: »Heimat(en)«.
Rund 20 Programmpunkte stehen an, darunter auch ein Symposium (10.) zum barrierefreiem Theater und die Lesung »Eure Heimat ist unser Albtraum« von Fatma Aydemir (kommt auch in die Theaterperipherie) und Hengame Yaghoobifarah (14.). Vor allem aber ist Theater mit, über und für Menschen mit und ohne Behinderung angesagt. In Olga Bachs »Die Frauen vom Meer« mit dem Ramba-Zamba Theater Berlin tritt die Schauspielerin Angela Winkler an der Seite ihrer mit dem Down-Syndrom geborenen Tochter Nele Winkler auf, die zum Ensemble der bekanntesten deutschen Inklusions-Bühne gehört (15.). Das von Lilja Rupprecht inszenierte Stück schreibt Henrik Ibsens »Die Frau am Meer« ins Heute fort, um die Frage nach der Freiheit neu zu stellen.
Mit »Oz, Oz,Oz! (W)Rap the Wizard!« steuert das Theater Thikwa ein »verhindertes« Musical zum Festival bei (15.). Seine Performerinnen bestreiten mit ihrem zweiten Stück »Diane for a Day« in Männerrollen auch das Finale (22.). Vorher aber verneigen sich in »Don’t Worry, Be Yoncé« Stephanie van Batum und Stacyian Jackson vor dem lässigen Feminismus der Popqueen Beyoncé (14.). Die kanadische Gruppe Joe Jack und John testet in »DisMerci« schwarzhumorig die Grenzen der Willkommenskultur auf das Empfindlichste (13.), und die britische Performerin Ant Hampton und die Argentinierin Rita Paul geben in »Mundstück« lautsprachlich wieder, was sie per-Anhalter durch Deutschland auf die Frage »Was müsste Ihrer Meinung nach einmal gesagt werden?« zu hören bekamen – ohne etwas zu verstehen (17.). Die Zwei sind ein paar Tage vorher auch im Mousonturm.
Eine Stückentwicklung zum Thema Euthanasie wagt das Dortmunder Kollektiv »i can be your translator« mit »Das Konzept bin ich« (19.), die Bühne für Menschenrechte präsentiert mit den »NSU-Monologen« dokumentarisches Theater (16.). und die Britin Jackie Hagan berichtet in ihrem Solo »This is not a safe place« von den Erfahrungen behinderter Menschen in und mit Ämtern (20.). Diesseits der Ämter spielt Wera Mahns »Flirt« (22.)
In die Welt der scharf schießenden Cowgirls taucht Dennis Seidels Queer-Musical »Zehn Meter in den Wilden Westen« mit »Meine Damen und Herren« (18.). Das Londoner Take Flight Theatre mit »peeling« von Kaite O’Reilley handelt von der Tragödie behinderter Tragödien-Spielerinnen (20.) und die zauberhafte Tanzperformance »Into the Light« der walisisch-italienischen Formation Hijinx & Teatro la Ribalta von nichts als Lichtgestalten (21.). Mehr inklusive Auftrittszeiten auf der Homepage.

gt (Foto: »Peeling«, © Janire Najera)
www.grenzenlos-kultur.de

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