»Hidden Figures: Unerkannte Heldinnen« von Theodore Melfi

Computer in Röcken

Dieses unterhaltsame Wissenschaftsdrama würdigt die bisher unbeachteten schwarzen NASA-Mathematikerinnen, die dreifache Pioniersarbeit leisteten: bei der Entwicklung der bemannten Raumfahrt, als Vorkämpferinnen für Gleichberechtigung in der Wissenschaft und besonders für die Bürgerrechte von Afroamerikanern.

Es war einmal eine Zeit, in der Computer die Größe von Kleiderschränken hatten und weniger Speicherkapazität als ein Smartphone. Und weil sich keiner traute und keiner wusste, wie diese Ungetüme in Gang gesetzt werden konnten, gab es ein Heer von Menschen, die Berechnungen händisch ausführten. Es waren meist »Computer in Röcken«, die diese Tüftelarbeit verrichteten. Ab den dreißiger Jahren arbeiteten bei der US-Aeronautics-Behörde Rechnerinnen, die etwa die Testdaten von Raketenflugbahnen auswerteten. Der Höhenflug der Raketenwissenschaft begann nach dem zweiten Weltkrieg, als die Sowjets 1957 die Sputnik ins All schossen, gefolgt 1961 von Juri Gargarin, dem ersten Menschen im Weltall. Die Amerikaner konnten das nicht hinnehmen und gründeten die NASA, um in einer enormen nationalen Kraftanstrengung im Wettlauf um die Eroberung des Alls aufzuholen.
Der Krieg, so heißt es, sei der Vater aller Dinge; dies wird zumindest von dieser unterhaltsamen filmischen Geschichtslektion untermauert, die von den Kollateralfortschritten der Raumfahrtentwicklung handelt. Und damit ist nicht das Teflon gemeint: es geht um jene schwarzen Mathematikerinnen, die an vorderster Front daran beteiligt waren, mit John Glenn den ersten US-Astronauten ins All, und lebend wieder zurück, zu bringen. Anhand dreier herausragender Wissenschaftlerinnen, Katherine Johnson, Dorothy Vaughn und Mary Jackson, wird gezeigt, wie untrennbar die Fortschritte bei der Eroberung des Himmels mit der Überwindung der Geschlechter- und Rassenschranken auf der Erde verbunden waren.
Bereits bei US-Kriegseintritt wurden aus purem Arbeitskräftemangel die Benachteiligungen von Afroamerikanern in der Kriegsindustrie aufgehoben. 1951 ergreift Mathematiklehrerin Johnson, die Hauptfigur des Films, ihre Chance und heuert bei der späteren NASA an. Der Ehrgeiz der Frauen, die endlich ihre Fähigkeiten einsetzen wollen, vermählt sich dabei mit einem sehr amerikanischen Pragmatismus. Anfangs in Nebengebäuden versteckt und als Menschen zweiter Klasse behandelt, werden die schwarzen Zahlenkünstlerinnen immer präsenter. Und dies aus purer Notwendigkeit, ohne Frauenbeauftragte und Antidiskriminierungsgesetze. So kann das unter Zeitdruck stehende Wissenschaftlerteam es sich einfach nicht leisten, dass Johnson & Co. kilometerlang zur einzigen Toilette für Farbige stöckeln. Deshalb reißt Teamchef Harrison das »Whites Only«-Schild kurzerhand ab. Und als einer der besonders nerdigen Wissenschaftler zum ersten Mal und mit angehaltenem Atem Kaffee aus einer Kanne trinkt, die zuvor Johnson benutzt hat, passiert – nichts. Die Welt geht nicht unter.
Der Film unterschlägt nicht das seelische Sodbrennen der Frauen angesichts der permanenten Demütigungen, doch im Zentrum steht ihre Energie. So traut sich die pfiffige Dorothy als erste, den unbenutzt herumstehenden IBM-Computer anzuwerfen, wohl wissend, dass der Apparat die Rechnerinnen überflüssig machen wird – sofern diese nicht, in aller Heimlichkeit, programmieren lernen. Schwungvoll und unsentimental beweist dieser Feelgoodfilm, dass Wissenschaft keine Hexerei ist – und dass es Spaß  macht, weiße Männer auf den Mond zu schießen.

Birgit Roschy
HIDDEN FIGURES: UNERKANNTE HELDINNEN
von Theodore Melfi, USA 2016, 127 Min.
mit Taraji P. Henson, Octavia Spencer, Janelle Monáe, Kevin Costner, Kirsten Dunst, Glen Powell
Drama
Start: 02.02.2017

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert