English Theatre eröffnet seine Starke-Frauen-Saison mit »The Lion in Winter«

Den starken Frauen hat English-Theatre-Intendant Dani Nicolai die neue Saison gewidmet. Der Auftakt zu »All About Women« ist James Goldmans Historiendrama »The Lion in Winter« anvertraut, in dem die von ihrem Gatten, King Henry II, in Gewahrsam gehaltene Eleanore, Königin von Aquitanien, sich als »great bitch« und hinreißende Intrigantin im Spiel um die Macht erweist. Mit Sally Bowles (»Cabaret«) wird ihr als Höhepunkt der Spielzeit eine Ikone der Musical-Geschichte folgen, während Kristin Miller und Rose als Protagonistinnen der für März und Mai 2019 angesetzten zeitgenössischen Stücke »Apologia«, eine Komödie um eine Alt-68erin, und »The Children«, ein dystopischer Öko-Thriller aus Australien, sich erst noch vorstellen müssen. Beide erleben im English Theatre ihre Deutschland-Premiere. Dass es »All About Woman« auch als Wahl-Abo gibt, sei hier nur am Rande erwähnt.
Zurück zum Stück: Wenn sich der Vorhang der Kellerbühne hebt, sind wir in das Jahr 1189 versetzt auf die Burg Chinon in dem zu England gehörigen Teil des französischen Nordens. Es ist Weihnachten und König Henry II, ein geborener Plantagenet, lädt zu Ehren des frisch gekrönten französischen Königs Philippe II zum Schmaus. Neben den drei ihm verbliebenen Söhnen Richard, John und Geoffrey sowie seiner Geliebten Alais zählt auch seine nach misslungenem Putschversuch kasernierte Frau Eleanore, der er für die hohen Feiertage wieder generös Freigang gewährt, zu seinen Gästen. Es ist ein Familienfest, das alle miteinander verbandelt sieht, den Teilnehmern aber statt eines Festes des Friedens, der Liebe und des Wohlgefallens einen martialischen Show-down der Egoismen beschert: »It is eleven eighty three, and we‘re barbarians«, konstatiert Eleanore in einer Schlüsselszene.
Dass die Menschheit knapp 900 Jahre später nicht viel weiter ist, bewahrt die rücksichtslose Auseinandersetzung um Macht, Geld und Anerkennung vor jeder Patina, die Historienstücke oft annehmen. Zudem entpuppt sich das Spiel um die Herrschaft als gift- und gallegetränktes Racheduell zweier liebesmüder Eheleute. Ein bisschen »King Lear«, ein bisschen Martha und George aus »Wer hat Angst vor Virginia Wolf«. Und einen starken Schuss »Dinner for One«, gibt es doch bis zu Henrys Tod (1186) für die schreckliche »royal family« noch mindestens zweimal Bescherung. Theaterfreund, was willst du mehr?
Bekannt geworden ist James Goldmans 1966 in New York uraufgeführtes Melodram durch seine Verfilmung mit Catherine Hepburn, Peter O’Toole (Henry) und Anthony Hopkins (Richard). Doch dank seines untergründigen Humors und seiner filigranen Wort- und Degengefechte führt es auf der Bühne ein stärker der Komödie zugewandtes Eigenleben. Unter der Regie von Derek Anderson, der im Frühjahr mit der Inszenierung des Puppen-Horrors »Hand to God« seine Visitenkarte abgab, gibt es in der weiblichen Hauptrolle ein Wiedersehen mit Carmen Rodriguez, die vor exakt einem Jahr als eloquente lebenskluge Mrs. Higgins ihr komödiantisches Talent bewies.
Der Besuch ist kein anspruchsloses Unterfangen, auch wenn der originale Henry kein Englisch sprach.

Winnie Geipert
Bis 18. Oktober: Di.–Sa. 19.30 Uhr, So. 18.30 Uhr
www.english-theatre.de

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