»Die Hannas« von Julia C. Kaiser

Liebe geht durch den Magen

Seit vielen Jahren sind sie ein Paar, und ihre Freunde tippen bereits, wer wen zuerst verlassen wird in einer Zeit der kriselnden Beziehungen. Doch sie erleben und denken Anna und Hans eigentlich nur als Einheit und nennen sie deshalb auch die Hannas. Mit ihrer Erzählung von diesem besonderen Paar gelingt der Regisseurin Julia C. Kaiser eine wunderbare Realsatire auf unsere Beziehungswelt.

Alle sind ja so spontan, auch Dominik Berg, der mit seiner Handkamera manchmal nicht so recht zu wissen scheint, wohin er unsere Blicke lenken soll. Doch bald ergibt sich ein klares Bild: Anna (Anna König) und Hans (Till Butterbach), beide in den Dreißigern, verbindet vor allem der gesunde Appetit, was man auch an ihren runden Formen erkennen kann. Sie kochen und essen für ihr Leben gern. Neue Rezepte werden ausprobiert, und der Abend mit dem befreundeten Paar, das die Hannas für ihre stabile Beziehung bewundert, beginnt bereits in der Küche beim gemeinsamen Zubereiten. Buchstäblich geht bei den Hannas die Liebe durch den Magen.
Weil aber heutzutage nicht sein kann, was nicht sein darf, kommen immer wieder Anstöße von außen. Da wird Freundlichkeit mit sexueller Anmache verwechselt oder Hans in dem üblichen Gespräch unter Männern eingeredet, er brauche Distanz, um zu sich selbst zu finden.
So prägnant schildern nur wenige Filme die Suche nach dem »richtigen Leben«. Mit solch treffsicheren Dialogen und komischen Situationen.
Doch inmitten der allgemeinen Selbstfindungsprozesse bleiben die Hannas ein emotional stabiles Paar, das allenfalls Gewichtsprobleme hat – bis sie die Bekanntschaft des hyperaktiven Schwesternpaares Nico (Ines Marie Westernströer) und Kim (Julia Becker) machen. Physiotherapeutin Anna lernt Nico bei einer Massage-Session kennen, und ihr Lebensgefährte trifft auf  deren Schwester Kim bei einem extremen Fitness-Training, in dem diese die Aufgabe hat, den moppeligen Hans nackt durch einen Park zu jagen. Heimlich setzen beide zu einem Seitensprung an. Während Anne ihre offensive Seite entdeckt, lebt Hans seine sexuellen Phantasien aus. Als sie von der Affäre des anderen erfahren, ist weniger Aggression als Ratlosigkeit angesagt. Was sollen sie jetzt tun, wo sie sich doch immer noch so gut verstehen und auch lieb haben?
Es adelt den Film, dass hinter dem lebensechten Spiel das Konzept der Drehbuchautorin und Regisseurin Kaiser verblasst. »Die beiden Paare treffen aufeinander und in gewisser Weise gesunden sie aneinander«, hat sie kommentiert. So kann man, muss man den Film aber nicht sehen. Dass wir mit unseren Versuchen, das Beste zu erreichen, manchmal mit den falschen Mitteln das Gegenteil bewirken, gehört allerdings zu den unbestreitbaren Erkenntnissen der Filmemacherin. Im Bekanntenkreis der Hannas wurde übrigens getippt, dass Anna Hans verlassen wird.

Claus Wecker
DIE HANNAS
von Julia C. Kaiser, D 2016, 102 Min.
mit Anna König, Till Butterbach, Ines Marie Westernströer, Julia Becker, Anne Ratte-Polle, Christian Natter
Komödie / Start: 10.08.2017

Wir verlosen 15 × 2 Freikarten für die Preview am Mittwoch, d. 9. Aug., um 20 Uhr in Orfeos Erben. Bitte rufen Sie uns am Dienstag, d. 8.8., ab 10 Uhr unter der Tel.-Nr. 069/97 07 41 99 an. Weitere Karten sind an der Kasse zu erwerben.

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