DFDC: Jacopo Godani über die Neugestaltung seiner dunklen Choreografie »Extinction of a Minor Species«

Eine »Neufassung«, gerade mal ein gutes Jahr nach der Premiere (Strandgut 4/2017)? Im Gespräch redet Jacopo Godani, der künstlerische Leiter der Dresden Frankfurt Dance Company, gar vom »neuen Stück«. Bei »Extinction of a Minor Species« handle es sich um eine besondere Arbeit, sagt der Fünfzigjährige selbstgewiss, das könne man auch an den zahlreichen internationalen Gastspieleinladungen ablesen. Darum wolle er das Stück jetzt weiterentwickeln, »solange es noch warm ist«.
An der Ästhetik werde sich nichts ändern, »aber wir gehen weiter«. Manche Szenen würden kürzer ausfallen, neue kämen hinzu; fünfzig Minuten hat die erste Fassung ungefähr gedauert, die neue werde auf zwanzig mehr kommen. Zusätzliche Videoprojektionen sind vorgesehen, Teile der Musik des üblicherweise elektronisch produzierenden Duos 48nord um Ulrich Müller und Siegfried Rössert, den Hauskomponisten Godanis, sollen nun vom Schweizer Kubus Streichquartett live aufgeführt werden.
Der Charakter des Stücks? »Gothic«, sagt Godani lachend, um die dunkle Seite gehe es. Er zieht den Vergleich mit einer alten Freske wie auch mit der griechischen Tragödie. Die Figuren, halb Menschen, halb Tiere, stünden in einem engen Zusammenhang mit Motiven aus der Mythologie der Antike.
Das Aussterben einer unbedeutenden Art? Nun, hebt Godani bedeutungsvoll die Schultern, wir wüssten ja alle, was wir von der Zukunft zu erwarten haben. Unausgesprochen meint das: nichts Gutes. »Vielleicht müssen wir uns in einer neue Spezies verwandeln … Es gibt nicht so viele Lösungen«.
Der Individualität der Tänzer komme in seinen Stücken ein von Fall zu Fall unterschiedliches Gewicht zu. Bringe man als Choreograf viele Ideen mit, spiele sie eine geringere Rolle; manchmal aber habe man nicht so viele, dann bleibe mehr Raum dafür. In jedem Fall jedoch finde er es wichtig, dass die Persönlichkeit des Tänzers zum Tragen komme und sich eine Beziehung zum Publikum entwickle. Auf dass sich die Zuschauer sagen: den will ich sehen, unbedingt. Improvisation indes spiele bei ihm keine Rolle; schon zu Beginn der Proben stehe das Stück nahezu vollständig. Das sei auch gar nicht anders möglich, allein schon wegen des Schnitts der Videos und der Musik, der vorher geschehen müsse. Ein Einblick in ein Notizbuch belegt das – Szene um Szene ist da ein vollständiges Storyboard skizziert.
Der Premiere im April 2017 vorangestellt war eine Installation im abgedunkelten Foyer des Bockenheimer Depots. In Schaukästen, hinter einer mattierten Kunststofffolie, haben sich Körper in zähflüssigen Windungen abgezeichnet. Viel Arbeit für wenig Ergebnis, so Godanis ernüchterte Bilanz. So wird dieser Teil wohl wegfallen. Er wurde, so Godani, wohl eher als Entertainment aufgefasst. »Es ist nicht gut, wenn man sich so etwas mit einem Glas Wein in der Hand ansehen kann.«

Stefan Michalzik (Foto: © Rafael Irace)
Termine: 8.–10., 13.–16. Juni, jeweils 20 Uhr
www.dresdenfrankfurtdancecompany.com

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