»Alle Katzen sind grau« von Savina Dellicour

Der weibliche Blick

Während viele Menschen dazu neigen, ihre Kindheit zu verklären, blicken sie auf ihre Pubertät mit gemischten Gefühlen zurück. Schließlich handelt es sich dabei um eine Zeit, in der die Hormone verrückt spielen und die seelische Balance nur schwer zu halten ist. Das geht auch der 15-jährigen Dorothy so, die noch dazu entdeckt hat, dass der Mann ihrer Mutter nicht ihr leiblicher Vater ist.

Manon Capelle ist diese Dorothy in dem belgischen Spielfilm »Alle Katzen sind grau« als ein scheues, die eigene Unsicherheit überspielendes junges Mädchen mit einem eisernen Willen, der für die Eltern eine Herausforderung darstellt. Mit ihrer Mutter liegt Dorothy im Dauer-Clinch, und deren unbeholfen-gutmütiger Ehemann, der offiziell als ihr Vater gilt, stößt bei ihr erst recht auf Ablehnung. Es ist der erste Auftritt der jungen Manon Capelle in einem Spielfilm, und sie behauptet sich mühelos neben Bouli Lanners, dem Star des Films, zumindest was seine Bekanntheit in Belgien und Frankreich betrifft.

Launers spielt Paul, einen etwas heruntergekommenen Privatdetektiv, der die meiste Zeit damit verbringt, seine vermeintliche Tochter zu beobachten. Als diese ihn eines Tages in seinem Auto zur Rede stellt und der Pädophilie verdächtigt, ist er froh, dass er ihr eine Visitenkarte geben kann. Er observiere einen anderen, behauptet er.

Doch dieses Zusammentreffen verändert alles. Zusammen mit ihrer Freundin Claire (Aisleen McLafferty) spürt sie jetzt Paul nach. Sie beauftragen ihn den leiblichen Vater von Dorothy zu suchen, wobei sich Dorothy als die Freundin ausgibt. Eine rührende Jungmädchen-Attitüde, und wie die beiden das Geld für Pauls Honorar zusammenkratzen, ist eine wunderbare Szene.

Überhaupt ist die versponnene Welt der pubertierenden Mädchen so einfühlsam und realistisch geschildert, dass man sich schon nach zwanzig Minuten sagt: Dieser Film kann nur von einer Frau gedreht worden sein. Und in der Tat, »Alle Katzen sind grau« ist der erste Spielfilm der Belgierin Savina Dellicour, die dafür auch den belgischen Filmpreis  »Les Magritte du Cinema« für die beste Debüt-Regie bekommen hat. Sie beweist mit diesem Werk, dass der weibliche Blick eine Bereicherung für das Kino sein kann. Dazu kommt, dass Anne Coesens für ihre Darstellung der Mutter Christine als beste Nebendarstellerin ausgezeichnet worden ist, während Manon Capelle allerdings leer ausging.

Dorothys Vatersuche entbehrt weder der Komik noch der Dramatik. Der sympathische Paul  wird von Christine, mit der er kurz liiert war, massiv gehindert, sich seiner Tochter zu offenbaren. Dabei wäre er ein guter Vater, könnte man meinen – und fragt sich, wie das alles wohl ausgehen wird. Die überraschende Wendung am Ende ist etwas übers Knie gebrochen, doch hebt sie den Film wohltuend vom Arthouse-Mainstream ab. Sie führt zu einem Happy End der besonderen Art.

Claus Wecker

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ALLE KATZEN SIND GRAU (Tous les chats sont gris)
von Savina Dellicour, B 2014, 87 Min.
mit Bouli Lanners, Manon Capelle, Anne Coesens, Dune de Braconier, Alain Eloy
Drama
Start: 31.03.2016
 

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