»Der Rosengarten von Madame Vernet« von Pierre Pinaud

Eine Rosenzüchterin, die das Erbe ihres verstorbenen Vaters weiterführt, aber nach einigen Rückschlägen gegen die Pleite kämpft. Nicht gerade ein ideales Sujet Sujet für eine Komödie, sollte man meinen. Aber in französischen Händen wird daraus ein unbeschwertes, märchenhaftes Filmvergnügen, das unter der Oberfläche genügend Tiefgang besitzt, um sein Publikum ernst zu nehmen.

Die hierzulande weniger bekannte Theater- und Filmschauspielerin Catherine Frot spielt die Rosenzüchterin Eve Vernet, eine resolute Geschäftsfrau. Er habe sie ausgewählt, weil ihre Rolle sowohl Finesse, Eleganz und Sinnlichkeit als auch Charakter, Humor und Phantasie erfordere, sagt Regisseur Pierre Pinaud in einem Interview. Er finde sie sehr »französisch«.
Wie auch immer, Catherine Frot trägt jedenfalls den Film, weil sie die negativen Seiten ihrer Figur ohne Scheu ausspielt. Ihre Eve Vernet geht nicht gerade zimperlich mit den Menschen in ihrer Umgebung um. Da muss Assistentin Véra (Olivia Côte) manche Zurechtweisung ertragen. Es herrscht eine angespannte Stimmung, haben doch die jährlichen Rosenzüchtungen des Hauses schon seit geraumer Zeit keinen Preis mehr auf der Blumenmesse gewonnen. Die Geschäfte laufen miserabel, mit dem Familienbetrieb geht es abwärts. Rosenfelder und Gewächshäuser sind ins Visier des erfolgreichen Lamarzelle (Vincent Dedienne) geraten, der mit trendigen Neuschöpfungen den Markt beherrscht. Doch Eve will des berühmten Vaters Erbe nicht verkaufen.
Weil man sich kein ausgebildetes Personal leisten kann, engagiert die ergebene Véra Hilfskräfte aus einem Resozialisierungsprogramm. Diese haben allerdings von Gartenarbeit keine Ahnung, was bei Eve gereizte Reaktionen provoziert. Besonders der junge Fred (Manel Foulgoc) erregt ihren Unwillen, weil er sich mehr seinen sportlichen Aktivitäten als den anstehenden Pflichtaufgaben widmet. Als sie Fred rausschmeißen will, entdeckt sie seine erstaunliche kriminelle Vergangenheit. Und die bringt Eve auf die Idee, mit einem Einbruch in den Sicherheitstrakt des Rosen-Konzerns von Lamarzelle ihr Glück zu erzwingen.
Denn dort wächst die seltene »Löwin« mit dem intensivsten Duft, den man sich von einer Rose vorstellen kann. Eine Knospe von ihr könnte helfen, eine neue, überragende Rosensorte zu züchten, mit der Eve ganz bestimmt die »Goldene Rose« auf der nächsten Messe gewinnen könnte.
Der Film wechselt von der bitteren Tragikomödie ins Krimifach, Marke »Wie klaut man eine Rose?«, um anschließend den spannenden Kampf gegen eine Insolvenz zu schildern.
Das erledigt Regisseur Pierre Pinaud mit viel Tempo beim drohenden Untergangsszenarium und hoffnungsvollen Rettungsaktionen.
Pinaud hat auch erklärt, dass er sich schon von Kind an für Blumen und Gärten interessiert hat. Sein Film geizt also nicht mit prächtigen Rosen- und Naturbildern. Er bleibt aber nicht nur an der Oberfläche, sondern beschäftigt sich pointiert mit dem Überlebenskampf des französischen Mittelstands und den sozialen Gegensätzen im Land. Dazu widmet er sich dem Thema von den erwachsenen Kindern und den Beziehungen zu ihren Eltern, das er schon in dem eleganten »Sag, dass du mich liebst« behandelt hat. Fand dort eine bekannte Radiomoderatorin ihre leibliche Mutter, so versucht hier eine gar nicht mütterliche Frau, einen elternlosen jungen Mann im Inneren zu festigen und ihm, wenn nicht einen späten Mutterersatz, so doch eine helfende Hand zu bieten.
So erzählt der Film von der letzten Blume, »La fine fleur«, wie der Originaltitel lautet, am Ende auch von einer Frau, die unter ihrer harten Schale einen weichen Kern entdeckt.

Claus Wecker (Foto: © Neue Visionen)

DER ROSENGARTEN VON MADAME VERNET (La fine fleur)
von Pierre Pinaud, F 2021, 94 Min.
mit Catherine Frot, Melan Omerta,
Fatsah Bouyahmed, Olivia Côte,
Marie Petiot, Vincent Dedienne
Komödie
Start: 09.09.2021

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