Wagner mit Wasserpfeife

Bockenheimer Depot: Kaminski on Air, © Alexej SauerOper Frankfurt im Depot: Kaminskis Ring des Nibelungen

Sounds und alle Rollen: Stefan Kaminski. Mehr als diese kurze Info auf dem Programm braucht es eigentlich nicht, um zu wissen, was den großen Unterschied macht zwischen einer Aufführung von Richard Wagners »Ring des Nibelungen« auf der großen Opernbühne am Willy-Brandt-Platz und der weitgehend gesangs- und gesinnungsfreien Interpretation von »Kaminski on Air«, wie sie nun im Bockenheimer Depot ansteht – und vor zwei Jahren schon im Kammerspiel gastierte.
Am besten umschreibt man das mit »Hörspiel zum Hingucken«, was der Künstler mit den unterschiedlichsten Geräuschgeräten und einigem technischen Schnickschnack veranstaltet, sobald das rote »On Air«-Zeichen aufleuchtet und er mit »Hallo Frankfurt« Platz genommen hat. Und wenn der 1974 in Dresden geborene Schauspieler zum Auftakt von »Rheingold« es in den anschwellenden Wagner-Tonteppich hinein wonniglich wallend und wellend blubbern und kichern lässt, dann mag sich so mancher wie beim Chill-out mit der Wasserpfeife in der Shisha-Bar fühlen. Doch die Chancen, wie von einem Strudel erfasst Hals über Kopf in die Tiefen des Rheins gezogen zu werden, stehen zumindest genauso gut, locken dort doch der Goldschatz und die unzuverlässigen Wächterinnen.
Zum Gelingen der Inszenierung trägt gewiss der gewichtige Stoff sein Scherflein bei. Ihr Reiz und Zauber aber liegt darin, den virtuosen Künstler in der Produktion seiner erstaunlichen Vielfalt von Klängen, Tönen und Stimmen zu erleben. Dass es seinen Ring-Vierteiler sogar schon auf Audio-CD gibt, mag für die Qualität der Arbeit sprechen, zum echten Genuss aber muss man ihn sehen, zum vollendeten aber erleben. Wozu auch seine sehr zurückhaltend agierende kleine Band aus zwei, drei Musikern gehört, die merkwürdigen Instrumenten wie Wasserschläuchen merkwürdige Töne entlockt. Übrigens ist jede der vier Folgen anders intoniert: Mal mystisch (»Rheingold«), mal comic-poppig (»Siegfried«), mal schnulzig als Love-Story (»Walküre«), mal als Krimi (»Götterdämmerung«). Die beste Folge ist immer die erste, die man sieht. Der vierteilige Ring-Zyklus wird im Mai zweimal gespielt.

Termine 1. Zyklus: 11., 12., 19., 20. Mai, 2. Zyklus 25., 26., 31. Mai und 3. Juni jeweils um 21 Uhr
Winnie Geipert

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