Von Thailand lernen (68)

Auf dieser Welt gibt es ja nun viele verschiedene Modelle, die Macht in einem Staat zu erringen: da kann gewählt werden oder geputscht oder revolutioniert, Letzteres mal sanft oder auch ziemlich unsanft. Komplizierter als die Macht zu erringen scheint aber zu sein, sie auf Dauer zu erhalten. Die historisch wirkungsvollste hat sich leider etwas überholt, nämlich die vererbbare Königs- oder Kaiserwürde. Zwar gibt’s noch das eine oder andere Königshaus, das dient aber hauptsächlich als ziemlich teure, dennoch nicht weniger wirkungsvolle PR-Agentur. Dann gibt es natürlich noch die nordkoreanische Variante des vererbbaren Machterhalts, die sich aber nicht wirklich weltweit durchgesetzt hat. Sicherlich zum Bedauern einiger Potentaten. Zu welch fürchterlichen Folgen das allerdings führen kann, zeigt sich ja gerade in Syrien. 

So hat sich denn in der westlich orientierten, aufgeklärten Welt das Modell der Demokratie durchgesetzt, jenes Modell, wo jeder einigermaßen erwachsene Mensch – mittlerweile sogar überall in der Schweiz auch die Frauen – sich ihre Potentaten mittels Stimmzettel selbst auswählen dürfen. Allerdings zugleich ein Modell, das unberechenbar von der jeweiligen Stimmungslage des Wahlvolkes abhängig ist. Und so haben sich denn verschiedene Strategien entwickelt, diese Unberechenbarkeit in den Griff zu kriegen. Nicht wirklich überzeugend ist das Modell Ukraine. Nicht ganz so gewalttätig und blutig, aber auch nicht wirklich überzeugend ist das EU-Modell: da wird zwar gewählt, die Potentaten aber werden unabhängig vom Wahlvolk eingesetzt.

Überzeugender scheint da schon die amerikanische Variante: da wird einmal der Potentat unter Aufbietung von millionenschweren Verleumdungs- und sonstigen Kampagnen ins Amt gehoben, das gemeine Wahlvolk wählt dann aber immer mal wieder ein Parlament, das so gar nicht zum Herrscher passt. Also so ein bisschen wie der Peter hier in Frankfurt. Nun muss der US-amerikanische Präsident allerdings nach spätestens 8 Jahren aufs Altenteil, was die Russen veranlasst hat, ein ähnliches Modell ein bisschen abzuwandeln: da macht der Präsident, zumindest wenn er Putin heißt, zwischendurch mal eine Pause als Ministerpräsident, um sich dann wieder zum Herrscher wählen zu lassen. Alles volldemokratisch.

Und dann gibt es da das Modell Merkel. Das ist eine Spielart, die sich bisher jeglicher demokratietheoretischer und sozio-politologischer Erklärungsmuster zu entziehen scheint. Egal was sie macht oder eben halt auch nicht macht, der mündige Wahlbürger (und natürlich sein weibliches Pendant) ist damit schwer zufrieden und wählt sie mehrheitlich wieder. Um dennoch an die Fleischtöpfe zu gelangen, koaliert dann eine der Verliererparteien mit ihr, im soeben eingetretenen Idealfall der größte Verlierer. Da das aber, wie man gerade sieht, auch so seine Tücken hat, bietet sich – und damit schließt sich der Kreis zur Überschrift – das Modell Thailand an. Die dortige Frau Merkel wird ja mehrheitlich auch wieder gewählt und kann ohne Sorge schnell mal Neuwahlen machen. So hat dann die dortige Opposition einen anderen Weg gewählt als hier: nicht GroKo sondern ein von wem auch immer eingesetzter, keinesfalls aber gewählter Volksrat. Das wäre doch nun wirklich eine Idee, die unsere bis zur Unkenntlichkeit verminderte Opposition mal in die Diskussion bringen könnte. Na gut, Volksrat hört sich nicht so richtig gut an, aber wie wär es mit einem Runden Volkstisch. Und mit solchen Tischen haben wir ja richtig viel Erfahrung.

Also an der Idee muss ich, glaub ich, noch etwas feilen.

Jochen Vielhauer

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