To Rome With Love (Start: 30.08.2012)

fr-30-08-to-rome-with-love-tobis-filmVom Ruhm in Rom

 »To Rome With Love« von Woody Allen

Nach einem Meisterwerk wie »Midnight in Paris« wird es für einen Regisseur schwer, mit seinem nächsten Film die Erwartungen des Publikums zu erfüllen. Auch für Woody Allen? Einen Meister seines Faches, der in schöner Regelmäßigkeit Jahr für Jahr ein neues Werk abliefert, weil es für ihn nichts Besseres gibt als Filmedrehen – wie er in dem gerade in den Kinos laufenden Dokumentarfilm von Robert B. Weide behauptet.

Vielleicht um den Erwartungen seiner Fans entgegenzukommen, tritt er in »To Rome With Love« zum ersten Mal seit »Scoop« selbst auf. Wo Woody Allen draufsteht, ist diesmal auch Woody Allen drin.

Er führt uns nach Rom, einer Stadt voller Geschichte, auch Filmgeschichte. So beginnt er mit Fahrten durch die Straßen Roms, die an »Liebes Tagebuch« erinnern, nur daß Nanni Moretti und seine Vespa fehlen, oder (in Schwarzweiß) an William Wylers »Ein Herz und eine Krone«, seinerzeit mit Gregory Peck und Audrey Hepburn auf der Vespa.

Doch kein Filmemacher ist der Stadt so verbunden wie Federico Fellini mit seinen Geschichten von Sehnsüchten und enttäuschten Hoffnungen. Auch bei Allen wird Rom zur Stadt der Geschichten, gleich mehrere erzählt er nebeneinander. Da tritt ein junges Paar, Antonio (Alessandro Tiberi) und Milly (Alessandra Mastronardi) auf, das in Rom seine Flitterwochen verbringen will. Während sich Antonio den Verführungskünsten der stadtbekannten Edelhure Anna (Penélope Cruz) ausgesetzt sieht, ist Milly von einem arrivierten Filmstar fasziniert.

Woody Allen spielt – in gewohnter Neurotikermanier – Jerry, einen ehemaligen Plattenproduzenten klassischer Musik und beschäftigungslosen Opernregisseur, der zusammen mit seiner Frau Phyllis (Judy Davis), einer Psychoanalytikerin, gerade aus den USA gekommen ist. Die beiden wollen den Italiener Michelangelo (Flavio Parenti) kennenlernen, der sich mit Tochter Hayley (Alison Pill) verlobt hat. Jerry hört den Vater seiner künftigen Schwiegertochter unter der Dusche Opernarien schmettern und versucht daraufhin, ihn zum professionellen Vorsingen zu überreden.

Um den Ruhm im Berlusconi-Zeitalter geht es bei Leopoldo (Roberto Benigni), einem kleinen Angestellten, dessen Gewohnheiten und Ansichten aus heiterem Himmel für wichtig erklärt werden. Fernsehteams verfolgen den unverhofft bekannt gewordenen Leopoldo, um seine belanglosen Stellungnahmen zu erhaschen, er wird in Talkshows eingeladen, und die schönsten Frauen der Stadt sind scharf auf ihn. Das ist Allens Kommentar zum italienischen Fernsehen.

Die Hauptgeschichte handelt vom Architekturstudenten Jack (Jesse Eisenberg), der glücklich und zufrieden zusammen mit seiner Freundin Sally (Greta Gerwig) lebt, bis deren Freundin Monica (Ellen Page) nach Rom kommt und Jack und Monica sich ineinander verlieben. Diese Geschichte erzählt Allen exemplarisch als eine vorhersehbar unglücklich endende Romanze. Er stellt Jack den erfahrenen John (Alec Baldwin) zur Seite, einen amerikanischen Architekten, der die Orte seiner Jugend noch einmal besucht. Die beiden lernen sich zufällig – wie so vieles in diesem Film – auf der Straße kennen, aber bald wird aus John eine Traumfigur, die wie einst Humphrey Bogart in »Mach’s noch einmal, Sam« dem Helden Ratschläge gibt. Diesmal sind es allerdings keine Verführungstips, sondern im Gegenteil Ermahnungen, den Verführungskünsten der exzentrischen Monica zu widerstehen. Wenn man so will, verkörpert John das Über-Ich von Jack.

»To Rome With Love« kommt, wie die Sketche und filmischen Anfänge des jungen Allen, nicht ohne Albernheiten aus. Aber hinter diesen Albernheiten verbergen sich tiefe Einsichten in unser aller Verhalten. In seinen besten Momenten nähert sich der Film dem Surrealismus des späten Luis Buñuel. Und der hat auf seine alten Tage ein Meisterwerk nach dem anderen gedreht. Woody Allen ist dabei, ihm nachzueifern.

Claus Wecker
 
TO ROME WITH LOVE
von Woody Allen, USA/I/Span 2012, 102 Min.
mit Woody Allen, Alec Baldwin, Roberto Benigni, Penélope Cruz, Judy Davis, Jesse Eisenberg
Komödie / Start: 30.08.2012 / Note 2 / Filmtip

 

 

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