Theaterhaus: Projekt Augenmusik mit »stille.wasser«

Theaterhaus: Projekt Augenmusik mit »stille.wasser« (Foto: Katrin Schande)Fischer trifft Wassermann

Im Theaterhaus begeistert das Projekt Augenmusik mit »stille.wasser« nicht nur gehörlose und hörende Kinder

In das Jumbo-Planschbecken passt sogar ein kleines Holzboot. Knöcheltief steht das Wasser, das der große Mann im dunklen braunen Fellumhang vorsichtig mit den Fußzehen erkundet. Ist es kalt? Ist es tief? Ist er ein Bär? Ein bisschen tapsig wirkt er schon. Links von ihm, in sicherer Distanz, pirscht sich mit hastig-eckigen Bewegungen ein zweites Lebewesen, eine Frau, ins Bild, die keine Arme zu haben scheint, weil ihr Oberkörper in einer sackartigen Hülle steckt – die sie dann aber ablegt. Der Gedanke an eine witternde Robbe, einen Seehund hält dem Bild nun nicht länger stand. Sind wir am Meer?

Möglicherweise sind die Mädchen und Buben da schon weiter, die im Theaterhaus Frankfurt gebannt und gespannt die Bewegungen und Gesten der beiden Darsteller verfolgen. Es sind hörende und gehörlose Kinder, denen dieses Stück »stille.wasser« zugeschrieben ist und die nun miterleben wie die beiden Protagonisten nur mit Händen und Blicken zum gemeinsamem Erleben und Verständnis finden, eine eigene Sprache entwickeln.

Denn was der Autor vorschnell als ein tierisches Stelldichein in der Antarktis deutet, das ist die Geschichte vom Wassermann und der Fischerin, die vor langer Zeit einmal zusammen waren, ja vielleicht sogar ein Paar gewesen sind, aber einander längst vergessen haben. Ihre Begegnung ist ein Wiederfinden und tastendes Wiedererfahren, zugleich mit Bewegung und Licht rund um das verbindende Element des Wassers. In einem Boot.

Der gehörlose Gebärdenschauspieler Jürgen Endres und die hörende Tänzerin Katrin Schyns, Mitglied des Theaterhaus-Ensembles, spielen das ganz aus sich, ohne das intellektualisierende Instrument der Gebärdensprache in Anspruch zu nehmen. Völlig losgelöst: die Verständigung entwickelt sich aus dem Spiel und der Bewegung. Als sie zu singen anhebt, verstört ihn das, dann aber vermittelt er ihr tastend, wie sich seine Töne wellend aus seinem Körper erheben, um am Kehlkopf hängen zu bleiben.

Die Kinder sind verzückt, hellwach, prusten lachend auf, wenn es mal spritzt und drücken ihre Begeisterung mit wildem, wildem Händewedeln aus – ihre Art zu klatschen. Das Regiedebüt von Daniela Krabbe, die aus einer Gehörlosenfamilie kommt, ist voller Poesie und ohne Worte schön. Und es ist für Kinder ab fünf Jahren empfohlen. Und für alle, die Augen haben, zu hören.

Winnie Geipert
Termine: 2., 3., 4., 5., 6., 8. September 11 Uhr; 6. September 14.30 Uhr

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