Theater auf der Sommerwerft 2019: Die Italiener kommen

Die italienische Gruppe Ondadurto Teatro schmückte den Februartitel dieses Magazins, sie war der Headliner für die so angekündigte Winterwerft auf dem Protagon-Gelände im Frankfurter Osten. Dumm nur, dass die Ausrüstung der aus Rom stammenden Formation auf dem Transport nach Frankfurt irgendwo hängenblieb. Nun aber läutet ihre jüngste Arbeit »Terramia« als Deutschland-Premiere spektakulär und vor großer Kulisse die Sommerwerft 2019 ein. Gleich an zwei Abenden setzt die für scharfzüngige Gesellschaftskritik bekannte Formation ihre bildgewaltige Vision über den Einzelnen in einer von Massenmedien und Ideologien (de)formierten Gesellschaft multimedial groß in Szene (19./20. Juli).
Mit unserer Zukunft setzen sich auch die meisten anderen abendlichen Großaufführungen (Start jeweils 21.45 Uhr) im Freien auseinander. Aus Tschechien ist die von Jules Verne inspirierte Produktion »Nautilus« von Blackout Paradox und Teatr Novogo Fronta zu Gast, in der die Erde zu einer Oase des Friedens für die Menschheit wird (24. Juli). Vorwärts im Zorn blickt das George Orwell (»1984«) und Aldous Huxley (»Schöne neue Welt«) referierende Stück »Domino« der italo-argentinischen Gruppe Teatro Nucleo, das die Menschen als Gefangene in einem unbarmherzigen System zeigt (25. Juli).
Zurück in die Gegenwart, aber nicht weniger beängstigend, holen uns die Figuren in Shusaku Takeuchis großartiger Tanzproduktion »Package« ein. Die hier schon vielfach gezeigte und gefeierte Choreografie (Strandgut 7/2016) über einen grausamen Büroalltag zwischen Mobbing und Monotonie, hat aber auch eine hoffnungsvolle Seite (26./27. Juli). Hochaktuell ist »The legend of a Burning Man« der spanischen Performer von Insectotropics. Ausgehend von der Selbstverbrennung des tunesischen Gemüsehändlers Mohamed Bouazizi, die als Auslöser der arabischen Revolution von 2011 betrachtet wird, thematisiert die poetische Multimedia-Show auf einer Mega-360º-Bühne Chancen und Gefahren der Internet-Kommunikation (31. Juli). Was Peter Weyer, Shiva Grings und das Heimspiel von Antagon in den restlichen Augusttagen zeigen, behandeln wir passend im nächsten Heft.
International, doch tendenziell deutschsprachig geht es im Theaterzelt jeweils ab 20 Uhr zu, wo unter anderem das brasilianische Ilheus Polar Theater (»Baltazar und der schreckliche Kampf«, »Die letzten Stunden eines Bürgermeisters«) und die deutsch-iranische And Partners in Crime (»Are you there?«) gastieren. Das Solo »Heimat von oben« von Victor Rabl führt uns in das abgründige Österreich. Mirrianne Mahn geht als Issa in der Theaterperipherie-Produktion »Issa versus Illegal« (Strandgut 4/2019) dem Tod eines Freundes nach, Die ungarische Performerin Reka Oberfrank und der Hamburger Geiger Simon Kluth schließen mit »Retus« und »Wie der Cowboy aus Arizona zu seiner Ehre kam« den Juli. Dazu gibt es Impro-Theater (Ampere Theater/Für Garderobe keine Haftung), Tanz und Poetry Slams.

gt (Foto: © Barbara Walzer)
Vom 19. Juli bis 4. August
www.sommerwerft.de

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