Staatstheater Mainz: Im U17 wird die Kinderoper »Kannst du pfeifen, Johanna« gezeigt

Man versteht ja jedes Wort

Für den Chronisten war die Premiere der Kinderoper »Kannst du pfeifen, Johanna?« die letzte Vorstellung im alten Jahr. Und eine der schönsten. Beim langen Gang zurück über die 74 Treppenstufen der U17-Bühne des Staatstheaters Mainz sinniert er, wie wohl die Musiker dort unten seinen Aufstieg begleiten würden: Als nämlich Opa Nils, der dicke Dachs, sich im Stück mit Mühe schnaufend auf der Leiter in einen Kirschbaum hochwuchtet, da pumpt die Frau an den Percussions auf der großen Steh-Luftpumpe, während Nils Enkel, der Mäuserich Berra, und dessen Freund Ulf, ein Jungfuchs, zur Freude der Älteren im Publikum rufen, dass der Dachs endlich steige.
Die Geschichte von Ulf Stark erzählt, wie sich ein Junge danach sehnt, einen Opa zu haben, und dann mit seinem schlauen Freund im Altersheim fündig wird. Es ist ein toller Opa, der auch einen Enkel will und den beiden Freunden nun beibringt, wie man Drachen baut, Kirschen in Nachbars Garten klaut und vieles mehr. Und Nils singt und pfeift ihnen das Lieblingslied von seiner verstorbener Frau Johanna vor, das nachzuahmen sein neuer Enkel einfach nicht schafft. Berra pustet und prustet verzweifelt immerzu nur, statt zu pfeifen. Opas Erinnerung an Johanna ist die erste Begegnung des Jungen mit dem Phänomen vom Werden und Vergehen, mit Verlust und Trauer, die zweite macht er selbst, als er endlich, endlich pfeifen und dies Opa nur noch am Grab beweisen kann.
Gordon Kampes hat aus dieser Geschichte eine Kinderoper komponiert, die 2013 in Berlin uraufgeführt worden ist und nun in Mainz mit sechs Musikern als Musiktheater gegeben wird, weil es eben keine Minioper eines bekannten Titels, sondern ganz eigenständig ist. Alles, was die drei Akteure auf der Bühne veranstalten, wird unter Leitung von Paul-Johannes Kirschner »naturnah« von Piano, Posaune, Celesta, Saxofon, Klarinette und Schlagzeug mehr begleitet als gespielt, aber auch von ungewöhnlichen Klanggeräten wie Eierschneider, Brummtopf, besagter Pumpe und Zupfkaktus. Dazu singen Brett Carter (Nils), Lukas Sieber (Ulf) und besonders Johannes Meyer (Berra) im Stil moderner Opern – mit dem Unterschied, dass man bei ihnen tatsächlich jedes Wort versteht. Selbst Opas Soli, die am ehesten wie richtige Oper klingen, und den Schlager von der Johanna sowieso.
Regisseur Ronny Jakubaschat hat die Handlung aus der Kinderwelt in das Tierreich verlegt und zu einer Fabel gemacht, die nicht nur optisch (Ausstattung Marina Stefan), sondern auch textlich (Dorothea Stefan) an Witz gewinnt und dem Erleben von Freundschaften zwischen Ungleichen eine zusätzliche Dimension verleiht. Großartig ist auch der Kirschklau über drei Stehleitern in Gustavssons Garten umgesetzt, weiß doch jedes Kind, dass es sich bei den rot glühenden Früchten um Birnchen handelt.

Winnie Geipert (Foto: © Andreas Etter)
Termine: 26., 27. Februar, 10 Uhr; 25. Februar, 15 Uhr
www.staatstheater-mainz.de

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