Savages (Start: 11.10.2012)

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»Savages« von Oliver Stone

Wo Oliver Stone drauf steht, ist auch Stone drin:  In seinem neuen Drogenthriller geht beim Krieg zwischen zwei kalifornischen Marihuana-Produzenten und der mexikanischen Mafia mit Sex und Gewalt die Post ab.

Die Südkalifornier Ben und Chon stellen ein Produkt mit einem unschlagbaren Alleinstellungsmerkmal her: Marihuana mit sagenhaften 33 Prozent THC. Die Sonnyboys haben ihren Laden voll im Griff und führen in ihrem Strandbungalow in Laguna Beach mit beider Geliebter O, einer langgliedrigen Blondine, das fabelhafteste aller Leben. So schildert es, im Off und aus der Rückblende, O selbst, im Tonfall einer Märchenerzählerin: es war einmal …

Die Vertreibung aus dem Paradies beginnt mit einem zugespielten Video, in dem Männer geköpft werden: ein Gruß des mexikanischen Baja-Kartells, das die Indie-Produzenten ins Geschäft zwingen will. Der pazifistische Ben will keinen Stress und überzeugt Chon, die Koffer zu packen. Die Mexikaner, die auf das Fachwissen von Botaniker Ben scharf sind, kriegen die Fluchtpläne mit und entführen O. Jetzt müssen die Freunde reagieren und stürzen sich in einen anfangs heimlichen, dann offenen Krieg mit Drogenchefin Elena.

Es ist ein ausgesprochen cooler Krimi – »Zeit des Zorns« vom Kultautor Don Winslow – den sich Oliver Stone für seinen neuen Thriller ausgesucht hat. Natürlich setzt der Regiezampano noch eins drauf. Fast wie in »Natural Born Killers« läßt der 66-Jährige seine Muskeln spielen und pumpt die clevere Story zu einem adrenalinsüchtigen Spektakel auf. Der Clash zwischen den Gringos und Love & Peace-Erben auf der einen und den Latino-»Bestien« auf der anderen Seite wird mit Gewalt- und Sex-szenen operettenhaft ausgemalt. Hier der scharfe Dreier unter einem psychedelischen Sternenhimmel am Pool, dort die im Käfig eingesperrte O, von der ihr Bewacher nicht die Finger lassen kann. Hier die smarten Computerkids, dort die barbarischen Machos: vor Stereotypen schreckt Stone, der gerne auch mal den Tarantino macht, gewiß nicht zurück. Salma Hayek gibt mit Kleopatra-Perücke eine theatralische Drogenpatin; ihr Handlanger, Benicio del Toro als sadistischer Kotzbrocken, scheint aus einem Robert-Rodriguez-Streifen entsprungen. John Travolta glänzt als aasig-korrupter Cop. Bei den Guten haben sich alle schrecklich lieb: It-Girl Blake Lively agiert als unschuldig-laszive Nymphe mit Loreley-Mähne, zugedröhnt bis zum Scheitel. Taylor Kitsch als Ex-Navy Seal und Softie Ben (Aaron Johnson aus »Kick-Ass«), der (kein Witz!) die Dope-Millionen in Solarenergie in der Dritten Welt investiert, bilden auch in sexueller Hinsicht ein Yin-und-Yang-Paar, mit O als ihrem Maskottchen.

Mit Hochglanzfotografie, körnigen Schwarzweißbildern, Reißschwenks, Gemetzel auf Handy-Kameras und einem doppelten Ende zieht Stone zusätzliche Register seiner Überwältigungsästhetik. Und er wäre nicht er selbst, wenn in dem Kasperletheater nicht Polit-Botschaften für moralischen Mehrwert sorgen müßten. So entwickelt sich Buddhist Ben im Drogenkrieg selbst zur Bestie, setzt Chon den Afghanistan-Feldzug in den Hügeln Kaliforniens fort. Auch darf man hinter dem plakativ ausgestellten kalifornischen Lifestyle mit Strand, Sex, Shoppen und Kiffen irgendwie Konsumkritik vermuten. Stone, zugleich Weltverbesserer und schlimmer Finger, präsentiert das Sündige in der US-Kultur selbstredend in verführerischstem Licht. In einem manisch-panischen Bilderrausch mit Kopfwehgarantie.

Birgit Roschy
SAVAGES
von Oliver Stone, USA 2012, 131 Min.
mit Taylor Kitsch, Demián Bichir, Blake Lively, John Travolta, Salma Hayek, Uma Thurman
Start: 11.10.2012

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