Portrait: Kino im Deutschen Filmmuseum

Kultur für alle

Mit der Historie dieses Kinos könnte man eine komplette Strandgut-Ausgabe füllen. Dass es einmal als ein Modell für Kulturpolitik gegründet wurde, wissen vermutlich nicht alle der heutigen Besucher. Hier erscheint nun eine Kurzfassung.

Es ist das Kino mit der längsten Vorgeschichte. Und die beginnt in Oberhausen. Dort hatte 1954 der seinerzeit jüngste Volkshochschuldirektor die Westdeutschen Kurzfilmtage (später Internationale Kurzfilmtage Oberhausen) gegründet und sich Gedanken zu der kulturellen Bedeutung des Films gemacht. In den Sechzigerjahren, zu einer Zeit, als es noch keine filmtheoretischen Abteilungen an den Universitäten gab, hatte er, inzwischen Oberhausener Sozial- und Kulturdezernent geworden, die Idee eines Kommunalen Kinos, in dem nicht nur Filme gezeigt werden sollten, sondern auch eine breite filmische Bildung mit Retrospektiven und begleitenden Vorträgen und Diskussionen ermöglicht werden müsste. Als er 1970 Kulturdezernent in Frankfurt wurde, setzte er dieses Konzept in die Tat um und gründete das erste Kommunale Kino in Deutschland. Auch im neuen Deutschen Filmmuseum behielt das Kommunale Kino zunächst seine Eigenständigkeit, bis es in die Trägerschaft des Hauses überging, um eine drohende Schließung zu verhindern.
Wenn man dies weiß, wird einem auch klar, dass bei all den schönen Ausstellungen und Aktionen des Filmmuseums, an denen dank Direktorin Claudia Dillmann kein Mangel herrscht, das Kino der Mittelpunkt des Hauses ist. Dessen Leitung hat vor kurzem die Deutschgriechin Natascha Gikas übernommen. Ihr Filminteresse haben die filmhistorischen Seminare des damaligen Museum-Chefs Walter Schobert geweckt. Im Team mit Monika Haas, Urs Spoeri und dem Urgestein Winfried Günther (von Anfang an dabei) wird der Spielplan des Kinos festgelegt.
Auch wenn die Zeit der großen Retrospektiven vorüber ist, kann man dem Programm die Vielseitigkeit nicht absprechen. Zur Werkschau des hierzulande ziemlich unbekannten taiwanesischen Regisseurs Hou Hsiao-hsien kamen im März auch Besucher aus früheren Zeiten, und die originelle Reihe »Klassiker und Raritäten« wird sowohl jungen Film-Dachsen als auch alten Kino-Hasen gerecht, die so manchen, noch unbekannten Film »nachholen« können.
Technisch steht das Kino keinem anderen in Deutschland nach. Im Vorführrau befinden sich zwei 35mm-Bauer-Maschinen, durch die wie in alten Tagen die Zelluloid-Rollen wechselweise laufen, damit auch kostbare Archivkopien, die nicht zusammengeklebt werden dürfen, gezeigt werden können. Geräte für alle derzeit üblichen Medien wie Festplatte, DVD, Blu-ray etc. sind sind vorhanden. Das vorbildlich gestaltete Programmheft gibt Auskunft, welches in der jeweiligen Vorstellung zum Einsatz kommt. Zumindest zeitweise ist das Kino für Filmbegeisterte in Frankfurt so etwas wie ein zweites Wohnzimmer.

Claus Wecker
Deutsches Filmmuseum
Schaumainkai 41
60596 Frankfurt
www.deutsches-filminstitut.de

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