Orangerie: Fliegende Volksbühne spielt »Justina von Cronstetten«

Von Metzgern gerettet, von Armen gerührt

Wir schreiben um das Jahr 1700, als dem Fräulein Justina von Cronstetten am Frankfurter Rossmarkt vom liebestollen Stalker Andreas aufgelauert wird. Ein dicke Decke fliegt der schönen Adelstochter am helllichten Tag über den Kopf und raubt ihr Sicht und Stimme, sie wird in eine Kutsche gezerrt. Eine glückliche Fügung wollte es aber, dass ein paar wache Frankfurter Metzgerburschen aus der Katharinenkirche kommend das mitbekamen, die Kutsche stoppten und die 17-Jährige den Händen ihres Kidnappers entrissen.
Der lüsterne Unhold landete wenig später für seine Tat im Tollhaus, dem Fräulein Justina indes hat das traumatische Erlebnis auf immerdar die Lust auf Männer vergällt. Dafür nahm sie umso intensiver an dem von jeher widersprüchlichen gesellschaftlichen Leben in Frankfurt teil, in dem der Gegensatz zwischen den verschwenderisch lebenden Patriziern und dem armen, hart arbeitenden Volk weit auseinanderklaffte. Justina, deren Todestag sich im September zum 250. Mal jährt, setzt sich für die Mittellosen und Kranken der Stadt mit einer Stiftung ein, die bis heute besteht.
Ihre Geschichte führt jetzt als Melodram die Fliegende Volksbühne auf, deren Hausautor Rainer Dachselt das Leben der Protagonistin nicht unbedingt historisch zwingend, doch entschieden frankfurterisch mit allerlei Prominenz jener Zeit anreichert. So kommen Goethes Großvater, eine Damenschneider, aber auch der Komponist Telemann, der Arzt von Senckenberg, ja selbst der Deutsche Kaiser vor – schade für die Geschichte, wenn es nicht ganz so war. Unter der Regie des Fliegende-Volksbühne-Prinzipals Michael Quast gibt Katerina Zemankova die Justina in jung und in nicht mehr ganz so jung. Mit ihr stehen vertraute Ensemblemitglieder wie Pirkko Cremer, Ulrike Kinbach, Dominic Betz, Philipp Hunscha und Michael Quast auf der Bühne. Gespielt wird an ungewohnter Stätte, in der Orangerie des Günthersburgparks.

gt (Foto: © Daniel Gross)
Termine: 22.–24., 28.–30.9., 1.10., 20 Uhr; 24.9. & 2.10., 18 Uhr
www.fliegende-volksbuehne.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert