Master of the Universe (Start: 7.11.2013)

Master of the Universe (Start: 7.11.2013)Lemminge

»Master of the Universe« von Marc Bauder (D 2013, 90 Min.)

Wie Herren der Welt kamen sie sich gelegentlich vor, damals, vor mehr als 25 Jahren, als Rainer Voss und seine Kollegen sich anschickten, die Finanzwelt aufzumischen.

Bis dahin, sagt er in dem sympathischen Film »Master of the Universe«, den der HR koproduziert hat, hinkte die »Finanzwirtschaft hinter der Realwirtschaft zurück«. Auch dank des unermüdlichen Wirkens von Rainer Voss (et.al.) als Investmentbanker hinkt heute die Realwirtschaft der Finanzwirtschaft hinterher.

Sympathisch ist der Film, weil er ohne »Gut und Böse«-Schema, ohne Schuldzuweisung daherkommt. Da werden Trader und Broker nicht verteufelt, da ist nicht Gier Triebkraft des Handelns sondern eher ein Spieltrieb, der wirkt, anregt und beschleunigt, vergleichbar mit dem Genuss von Kokain.

In einem leeren Bankgebäude in Frankfurt erzählt Rainer Voss, als einziger Mitwirkender, von seiner langen Berufserfahrung im Finanzgewerbe. Das ist beeindruckend, verständlich – und kurzweilig, obwohl in dem Film sonst nichts los ist.

Leider wird das Bankgebäude wie eine Kathedrale (nebst zugehöriger quasi gregorianischer Musik) gezeichnet, was ein bißchen nervt, zumal im Film dem Kathedralen-Status des Gebäudes heftig widersprochen wird.

Auch gegen seinen Titel opponiert der Film, und mit dem hatte selbst der Protagonist in der Premieren-Diskussion in der Harmonie seine Probleme. »Lemminge« wäre der ehrlichere Titel gewesen, damit hätte man aber sicher weniger Aufmerksamkeit erregt als mit »Master of the Universe«, nur wird damit genau die Schuldvermutung vorgelegt, auf die der Film ausdrücklich verzichtet.

Der Film versteht sich auch als Baustein zur Erklärung der sogenannten Finanzkrise. Sein Höhepunkt ist der Ausblick in die Zukunft. Hier sieht Voss in Frankreich den nächsten Ausfall-Kandidaten. Und wenn Frankreich fällt, dann fällt seines Erachtens Europa – mit erheblichen Auswirkungen auf die ganze Welt.

Spätestens dann fragt man sich allerdings wieso? Und wer ist daran schuld, wenn es nicht die Banker sind?

Man verlässt das Kino mit dem Gefühl, dass irgendwie alle verrückt sind und dass es eben doch die Banker waren, die das alles angerichtet haben.

Aber nach einer Weile wird einem klar, dass das nicht sein kann. Die Lebenserfahrung hat einem doch gezeigt, dass fast alles immer mit Fehlentscheidungen der Politik beginnt. So wurden in Amerika auf Druck der Regierung Hypotheken ohne Bonitätsprüfung vergeben, was zur »Immobilienblase« führte, weil Banker ihr Kreditausfallrisiko über »innovative« Finanzprodukte kompensieren wollten. Das lief so gut, dass plötzlich alle Welt (besonders auch staatliche oder halbstaatliche Institutionen) mit überflüssigem Geld (aus Pensionskassen, Lebens-Versicherungen, nicht investierten Gewinnen, Gespartem) ebendiese Produkte kaufte – bis die Blase platzte.

Auch in Europa begann alles mit der Politik: der Einführung des Euro, der die »Vereinigten Staaten von Europa« erzwingen sollte – jetzt haben wir den Salat.

Über derlei Zusammenhänge hätte man von Rainer Voss gern mehr erfahren.

Kurt Otterbacher

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