»Maggies Plan« von Rebecca Miller

Erstens kommt es anders …

Seit »Frances Ha« ist Greta Gerwig ein Star in der amerikanischen Indie-Szene. Die große Blondine mit den linkischen Bewegung und dem sympathischen Gesicht, mit dem sie ihre Gegenüber so wunderbar fragend anschauen kann, ist Identifikationsfigur und Problemfall in einem. Jetzt hat die Tochter des Dramatikers Arthur Miller mit ihr und für sie eine Rolle als New Yorker Intellektuelle entwickelt, in der sie, zumindest zeitweise, weiß, was sie will.

Rebecca Miller nimmt sich in ihrem Film »Maggies Plan« die heutzutage grassierende Ichbezogenheit und Selbstverwirklichungsmanie vor. Da ist zunächst einmal der Kinderwunsch einer bald 30-jährigen Uni-Assistentin, die feststellen muss, dass ihre Liebschaften nie länger als ein halbes Jahr dauern. Also plant sie eine künstliche Befruchtung, der eine traute Zweisamkeit von Mutter und Kind folgen soll. Eine Beziehung zum Vater, die aller Wahrscheinlichkeit nach problematisch werden dürfte, würde da nur stören. Dass für den Nachwuchs auch ein Vater von Vorteil sein könnte, dass später die Frage nach dem leiblichen Vater ein bestimmendes Thema werden könnte (siehe beispielsweise »The Kids Are All Right«, übrigens auch mit Julianne Moore), all das wird von Maggie nicht bedacht. Ein Kind muss her, ohne jede Bindung zum Erzeuger – so Maggies Plan.
Aber Maggie, nicht zufällig von Greta Gerwig in der üblichen, übersprühenden Spielfreude verkörpert, wird den schön ausgedachten Plan schon vermasseln. Emotional, weil sie sich eben kurz vor dem Termin verliebt, und praktisch, weil der Neue gerade in dem Moment klingelt, als Maggie sich die Samenspende des Gurkenfabrikanten Guy (Travis Fimmel) einverleiben will. Am selben Abend landet der angehimmelte Anthropologie-Dozent John (Ethan Hawke) in Maggies Bett, und es kommt zum Zeugungsakt auf die konventionelle Art.
Dann eben doch mit Mann, könnte man denken. Doch die Sache hat einen Haken: John ist ein verheirateter Vater von zwei Kindern. Seine Ehefrau Georgette (Julianne Moore), eine Professorin im selben Fach wie ihr Gatte, ist eine anstrengende Exzentrikerin. Vor ihrem Ehrgeiz hat John längst kapituliert. Die Aufmerksamkeit, die sie von ihm verlangt, hindert ihn daran – so glaubt er wenigstens –, zielstrebig seinen Roman zu schreiben. Von Maggie, einer eifrigen Leserin der ersten Seiten des Manuskripts und klugen Interpretin, erhofft er sich größte Unterstützung für die Verwirklichung seines Lebenstraums.
Bald hat Maggie einen Mann und neben einem Baby gleich zwei schulpflichtige Kinder, also das genaue Gegenteil von ihrem ursprünglichen Plan. Während Georgette sich als Verliererin fühlt und einen Schlüsselroman über ihre Scheidung schreibt, leidet Maggie am typischen Ehefrauen-Symptom und glaubt, sie habe nicht drei, sondern vier Kinder. Verantwortung ist für John ein Fremdwort, er führt ein Autoren-Leben ohne Rücksicht auf Verluste. Und für seinen Roman findet er kein Ende, klagt sie beim Freundespaar, gespielt von Bill Hader und Maya Rudolph.
Maggie wird unglücklich, und deshalb muss ein neuer Plan her. Weil Maggie ein Kontrollfreak ist, der auch Liebesbeziehungen fein säuberlich ordnen möchte, entwickelt sich unter all den Beschwichtigungsformeln aus diesem Plan ein ausweglos scheinendes Drama. Doch keine Angst, trotz der Egozentrik aller Beteiligten geht auch dieses Drama am Ende gut aus.
In einer Einstellung mit  der Manhattan Bridge verweist der Film auf Woody Allen. Doch die Autorin und Regisseurin Rebecca Miller ist mehr als nur eine gelehrige Schülerin, sie fügt dem New Yorker Intellektuellen-Universum etwas Neues hinzu: den genuin weiblichen Blick.

Claus Wecker
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MAGGIES PLAN
von Rebecca Miller, USA 2015, 98 Min.
mit Greta Gerwig, Ethan Hawke, Julianne Moore, Bill Hader, Maya Rudolph, Travis Fimmel
nach einer Story von Karen Rinaldi
Komödie
Start: 04.08.2016

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