Irre Geschichten (110)

Es gibt immer noch Leute, die großes Verständnis für Putin aufbringen. Seine Annexionen (der Krim und der Ukraine) werden mehr oder weniger offen als Reaktion auf tölpelhafte Aktionen des Westens angesehen – vertreten etwa durch NATO und (natürlich) die Amerikaner, die ihre Versprechen gegenüber Russland nicht eingehalten hätten – als da wären: Respektierung des Status Quo, wonach alle ehemaligen Staaten der Sowjetunion als Hinterhof Russlands zu gelten haben und Einmischung streng verboten sei.
Verschwörungstheorien kursieren über massive Einflussnahme von USA und EU zur Destabilisierung von Georgien und Ukraine zwecks Anschluss an die EU oder gar Beitritt zur Nato. Wodurch berechtigte russische Ängste vor Umzingelung sich manifestierten. Selbst wenn zugegeben wird, diese seien ebenso unberechtigt wie die der Deutschen vor dem 1. Weltkrieg – die Angst sei eben da.
Auch wenn man diesen Argumentationsstrang für ausgemachten Blödsinn hält, muss man doch zugeben, dass Putin in der Ukraine wichtige Interessen hat – etwa im Osten, wo wichtige Teile der russischen Kriegsmaschinerie hergestellt werden. In Sachen Krim könnte man der russischen Argumentation folgen, wonach der besoffene Chruschtschow die Krim willkürlich der Ukraine zugeschlagen habe, was der besoffene Jelzin später bestätigte – und endlich sei mal jemand im Kreml nicht besoffen und nicht senil.
Warum aber hat Putin das dann nicht alles geradeheraus gesagt? Warum hat er sich die kleinen grünen Männchen ausgedacht, die in ihrer Freizeit mit Pfeil und Bogen tapfer gegen den Faschismus in der Ukraine kämpfen (und dabei keineswegs Verkehrsflugzeuge vom Himmel holen)?
Warum werden Russen und Welt mit den altbekannten, abgedroschenen Desinformationskampagnen aus der Giftküche des KGB überschüttet? Der Ruf von Putin ist doch ohnehin so, dass er nicht schlechter bei den einen oder besser bei den anderen werden kann. Wenn er sagt, was er will – und sich dann daran hält – würde es ihm eher nützen. Und was denken sich die russischen Wähler? Die müssten doch die ganze Chose durchschauen.
Vermutlich sind viele dankbar für das einigermaßen stabile System, das Putin etabliert hat, andere sind Nutznießer desselben und für Dritte gilt einfach »Good or Bad – my country«.
Fest steht, dass die Völker, die von der Sowjetunion regiert wurden, diese – und nicht ohne Grund – fürchten und hassen. Das Baltikum, die Finnen, die Ukraine (die Stalin 2 Millionen Hungertote verdankt), Polen, Tschechen, Slowaken, Ungarn, der Kaukasus usw. usw.
Russen habe sich immer wie die Axt im Wald aufgeführt. Sie waren und sind so gut wie nie konstruktiv. Sie waren in Afghanistan schlimmer als Dschingis Khan – ohne dessen Erfolg. Und jetzt Syrien. Noch eine irre Geschichte.

Kurt Otterbacher

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