Im English Theatre lacht man über »The Hound of the Baskervilles«

Die Leiche fällt aus dem Schnürboden

Man kann rücksichtlich des Inhalts, aber auch der Form wohl von einer »good old school« sprechen, die das English Theatre mit der Bühnenversion von Arthur Conan Doyles Roman »The Hound of the Baskervilles« anbietet. Mit der Betonung auf »good« wohlgemerkt und sogar einem »very« davor, damit das klar ist. Denn zum einen handelt es sich bei dem schon 114 Jahre alten Kriminalfall um den berühmtesten des Meisterdetektivs Sherlock Holmes, der natürlich auch in der Cumberbatch-Serie des BBC nicht fehlt. Und zum anderen brennt das von Steven Canny und John Nicholson für nur drei (!) Schauspieler aufbereitete Stück ein Pointenfeuerwerk ab, das keine Albernheit scheut, wenn sie konveniert. Es wird geschockt, und es wird – versprochen – gelacht ohne Ende.
Womit auch klar ist, dass wir es trotz aller Spannung um den im düsteren Dartmoor sein Unwesen treibenden gespenstischen Hund mit einer Groteske zu tun haben. Zwar wird uns das Herzschlagfinale des im Nebel von der glutäugigen Bestie gejagten William Baskerville gleich zu Beginn präsentiert. Doch schon in der zweiten Szene ist jeglicher ›suspense‹ verpufft. Die Schauspieler stellen erst mal sich und ihre insgesamt 18 Rollen (!) vor, wozu dann gehört, das sich der älteste des Trios, Simon Kane, zum Missfallen der Kollegen Sam Hutchinson (Sherlock Holmes) und Shaun Chambers (Sir Henry Baskerville) als ›the lead‹ präsentiert, weil sein Watson den meisten Text hat und sich am wenigsten umziehen muss.
Doch auch später unterbrechen sie immer wieder ihr Spiel. Als sie in der Pause via Twitter erfahren, dass ein Zuschauer die mangelnde Transparenz beklagt und dafür 128 Likes erhält, beschließen die Gekränkten, noch einmal von vorn anzufangen, und tun das auch: in einem den Atem raubenden Fast-Forward-Modus mit fliegenden Wechseln, wie man sie allenfalls noch aus den »39 Stufen« kennt, und einem donnernden Szenenapplaus dafür.
Mehr als vom Rätsel um den Moortoten, der ja schon bald Gesellschaft erhält, lebt die immer heftiger rotierende Inszenierung von den aberwitzigen Dialogen und der unter tollen Sound- und Lichteffekten perfekt austarierten Choreografie. Dabei nimmt die Regie den doch arg vertrackten Mysterie-Thriller, den sich Doyle da um den üblen Ableger der alten Adelsfamilie ausgedacht hat, durchaus ernst. Auf keine der brillanten Geisteskombinationen des Meisters, auf keinen seiner Herr-Knecht-Dialoge mit Watson und auf keine der Figuren muss verzichtet werden. Und selbstverständlich auch auf keine Leiche, auch wenn die vermeintliche Henrys vom Schnürboden herabbrettert.
Der Frankfurter Bühnen-Sherlock ist sehr viel selbstverliebter, als man ihn kennt, Watson gibt hier nicht den Schlauen, sondern den Schlichten. Ein Höhepunkt sind die Auftritte von Hutchinsons wildmähniger Beryl Stapleton, die hier Cecille heißt und mit Grandezza Tango zu tanzen weiß. Da im Vergleich zur gerade abgespielten Handbagged-Komödie um die Queen und Maggie Thatcher das Englisch, das hier abverlangt wird, von einem übersichtlichen Schwierigkeitsgrad ist, gibt es nur eine Hürde. Die Nachfrage ist – wen wundert’s – riesig.

Winnie Geipert (Foto: © Kaufhold)
Bis 30. Juni: Di.–Sa. 19.30 Uhr; So. 18 Uhr
www.the-english-theatre.de

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