Hoffnungslos (95)

Der Unterschied vom Nahost-Konflikt zur Ukraine-Krise besteht darin: es gibt da, allem Desaster zum Trotz, ein wenig Hoffnung. Denn am Gelde hängt‘s und zum Gelde drängt‘s – auch und gerade für Wladimir Putin, dem in der Wolle gefärbten KGB-Mann, der im Untergang der Sowjetunion, nicht in ihrer Gründung, die größte Katastrophe des 20. Jhdts. sieht. An letzterer war Deutschland mit schuld, denn wir haben Lenin per Zug aus der Schweiz ins Zarenreich gebracht, damit er eine Revolution anzettele und so Druck von der Ostfront nehme.
Der lange Schatten der Vergangenheit reicht bis in den Nahen Osten: das Sykes-Picot Abkommen, mit dem Franzosen und Engländer die Araber verarscht haben (incl. Lawrence von Arabien), in Tatgemeinschaft mit der Balfour-Deklaration, in dem »ein Land einem anderen feierlich schwor, ihm Territorium zu überlassen, das einem Dritten gehörte« (Orwell) – das wird gerne als Ursache allen Übels angesehen.
Der Gründungsmythos des Staates Israel, der mit Nakba, dem großen Unglück, begonnen habe, wie die Palästinenser so gerne erzählen, stimmt aber so ja nicht, denn die Bewegung von Theodor Herzl hatte bereits in den 1880er Jahren begonnen, (meist unbesiedeltes) Land in Palästina aufzukaufen und, angesichts des weltweiten Antisemitismus, eine (Rück)-Besiedelung vorzubereiten.
Das alles ist mittlerweile gründlich und so aussichtslos aus dem Ruder gelaufen, dass sich eine uneingeschränkte Parteinahme für eine der beiden Seiten verbietet. Zumal zugestanden werden kann, dass in gewisser Weise beide Parteien im Recht (wahlweise auch im Unrecht) sind.
Erschreckend in diesem Zusammenhang war die Hetzrede des »Nahost­experten« Michael Lüders in der »Tagesschau«, in der dieser sich voll Zorn auf die Seite der Palästinenser geschlagen hatte und sich gar zu der Behauptung verstieg, die palästinensischen Waffen seien selbstgebastelt und von geringer Wirkung – der israelische Angriff auf Gaza (nachdem von dort rund 2.000 Raketen auf Israel abgefeuert worden waren) mithin völlig unverhältnismäßig.
Die israelischen Soldaten in Gaza wurden nach Augenzeugenberichten mit Maschinengewehren, Granatwerfern und Panzerfäusten angegriffen. Dabei wurden zunächst 13 Israelis und 60 Palästinenser getötet. Wenn deren Waffen selbstgebastelt waren, dann kann man auch an die betrunkenen russischen Separatisten glauben, die mit einer selbstgebauten Rakete Flug MH17 vom Himmel geholt und so 300 Leute umgebracht haben.
»All is fair in war and love«: wenn man das den Palästinensern zubilligt, sollte es dann nicht auch für die Israelis gelten? Unabhängig davon, dass deren Siedlungspolitik so inakzeptabel ist wie das Geballere der Hamas, das – leider – deutlich effizienter geworden ist. Nicht nur unakzeptabel ist aber, wie sich antisemitische Demonstranten in Europa aufführen – das ist eine Schande.
Und über Herrn Erdogan wollen wir lieber  ganz schweigen.

Kurt Otterbacher

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