Gallus Theater: »Stadt der Blinden« mit Maura Morales

Gesellschaft im Untergang

Die Compagnie um die Tänzerin und Choreografin Maura Morales und den Gitarristen und Komponisten Michio besteht seit 2010 und tourt mit ihren zahlreichen Bühnenstücken regelmäßig durch ganz Europa und in Südamerika. Ihr Auftritt im Gallus Theater geschieht im Kontext des Literaturfestivals ›literaTurm‹. Die in Düsseldorf lebende kubanische Künstlerin entwickelte ihr jüngstes Stück nach dem 1995 erschienenen Roman »Stadt der Blinden« von José Saramago für fünf Tänzer und einen Live-Musiker.
Wie eine Seuche breitet sich in Saramagos Roman eine zum plötzlichen Erblinden führende Krankheit aus und überfordert den Staat, der die Blinden in eine leerstehende psychiatrische Klinik befördert. »Die Stadt der Blinden« nutzt in diesem apokalyptischen Szenario die Blindheit als Metapher für die Unfähigkeit, die Welt zu sehen, die Wirklichkeit zu erkennen und Gut und Böse zu unterscheiden.
In der tänzerischen Umsetzung sind die vom Autor ohne Namen, Gesicht und Biografie gezeichneten Figuren ganz auf ihre Gegenwärtigkeit zurückgeworfen. Ihres Sehsinnes beraubt, tasten sich die Protagonisten durch den Raum, fassen, klammern, führen, streicheln, hauen und drängeln, erstarren, zerbröseln, gruppieren und vereinzeln sich, ringen um Haltung, gehen zu Boden. Die Entmenschlichung der Erblindeten überführt Maura Morales mit ihrer Cooperativa in eine Studie über Auflösung und Zerfall von Bewegung und zeigt damit eine Zivilisation im Untergang.

whk (Foto: ©  Klaus Handner)
Termin: 5. Juni, 20 Uhr

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