Fraktus (Start: 8.11.2012)

FraktusAffe sucht Liebe

»Fraktus« von Lars Jessen

 

War da was? Eine Gruppe, die den Techno-Sound erfunden hat? Vor mehr als 25 Jahren brach Fraktus auseinander, vom Versuch einer »Reunion« handelt »Fraktus«, der Film von Lars Jessen, der schon mit »Am Tag als Bobby Ewing starb« und »Dorfpunks« seinen Sinn für Skurriles bewiesen hat.

Zunächst der Rückblick. Die legendären Auftritte des Trios, das seiner Zeit weit voraus war, unterlegt mit schwärmerischen Statements bekannter Musikgrößen wie Westbam, Scooter und Blixa Bargeld. Das erinnert an die Neue Deutsche Welle, und die Musik macht genauso viel Spaß wie seinerzeit DAF oder Hansaplast. Auch das Outfit der drei ist kurios, am verrücktesten ist der schräge Hitler-Look von Bernd Wand. Fraktus ist ein Geheimtip: Doch ihr Ruhm währt nicht lange. Bei dem letzten Auftritt bricht ein Feuer auf der Bühne aus – es ist das Ende. Wäre es nicht toll, wenn die Band wieder vereint würde, sagt sich der hyperaktive Produzent Roger Dettner, gespielt von Devid Striesow. Kurzentschlossen nimmt er sich der Sache an und engagiert ein Filmteam, um alles zu dokumentieren. Er findet zwei der innovativen Musiker in Deutschland: Sänger Dickie Schubert in dessen Internetcafé und Bernd Wand im Optikergeschäft seiner Eltern, mit denen er die neue Band Fraktus II gegründet hat.

Nur für Torsten Bage muß er nach Ibiza. Dort produziert der ehemalige Avantgardist die plattesten Sommerhits. Er ist schwer hinter der Kohle her, fürchtet einen großen Verdienstausfall, wenn er sich mit seinen alten Kumpels abgibt und ist nur durch einen unterschriftsreifen Plattenvertrag zu ködern.

Bis dahin hat der Film schon etliche Klischees der Musikszene bemüht – und uns hervorragend unterhalten. Es kommt aber noch besser. Wenn die drei schließlich in Hamburg in ein vermeintliches Top-Studio einziehen und mit den Proben beginnen, gelingt dem Film seine beste Pointe. Er zeigt, wie abgestanden ehemalig avantgardistischer Techno heute klingen kann. Ein öffentlicher Auftritt gibt den drei Unentwegten den Rest. Jetzt muß ein aktueller Sound von Profis zusammengemischt werden.

FraktusGibt es einen neuen Anfang? Muß die Musikhistorie neu geschrieben werden? »Diesmal mit Fraktus als zentralem Kapitel«, wie es im Presseheft so schön heißt, denn »Geschichte vergißt wahre Erfinder nie«. Wem das Lied »Affe sucht Liebe« irgendwie bekannt vorkommt und wer Studio Braun kennt, merkt früh, daß der Film das Musikgeschäft auf die Schippe nimmt. Spätestens wenn der durchgedrehte Produzent mit einem Dönerspieß Amok läuft, schöpft dann aber auch er unbedarfteste Betrachter Verdacht. Das ist einfach zu albern. Aber ob Documentary oder Mockumentary, äußerst unterhaltsam ist »Fraktus« allemal.

Claus Wecker

 

FRAKTUS
von Lars Jessen, D 2011, 95 Min.
mit Devid Striesow, Heinz Strunk, Rocko Schamoni, Jacques Palminger, Piet Fuchs, Anna Bederke
Musikfilm
Start: 08.11.2012

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert