Fahrerlos durch die Stadt … (81)

Nein, nicht ein neuer Song von der Fischer Helene geistert da durch die Technikseiten der diversen Magazine und Zeitungen, sondern ein neuer Traum der versammelten automobilen Fortschrittsgemeinde scheint sich der Verwirklichung zu nähern: das Auto ohne Fahrer oder Fahrerin. Durch die Unbillen des Stadtverkehrs, durch die Unwegsamkeiten der Landstraßen und Autobahnen wird das Auto der nahen Zukunft von unzähligen Sensoren, Kameras, Computern und sonstigem technischen Schnickschnack gelenkt. Der Mensch im Blech – na ja, Blech wird es ja wohl auch nicht mehr sein – soll dann eigentlich nur noch das Fahrtziel eingeben und schon rauscht das Vehikel ganz von alleine los, passt sich in genialer Weise jeder nur möglichen Verkehrssituation an, vermeidet unsinnige Überholmanöver oder Schnellstarts vor Ampeln, bremst höflich vor Fußgängern und Radfahrern, verursacht weder Blech- noch Leibesschädigungen. Versicherungsprämien sinken ins bodenlose, der Spritverbrauch und damit die CO2-Belastung sinken aufgrund computergesteuerter Vernunftfahrweise auf erstaunlich geringe Werte. Und weil so ein computer- und sensorgesteuertes Auto ja viel rationaler und vernünftiger fährt, können wir die Straßen inner- und außerorts sicherlich um 50 Prozent voller machen. Und wenn die Einparkautomatik dann noch genauso fortentwickelt wird und die unvernünftigen Lücken zwischen den von einparkunfähigen Kraftfahrern gedankenlos abgestellten Autos schließt, können wir endlich wieder unser eigenes Auto vors Haus stellen und müssen uns nicht diese blödsinnige Share-Economy auch noch fürs Auto aufschwätzen lassen.

Hoffnung auf diese schöne neue Autowelt machen allen voran die Newcomer Apple und Google, die uns nun Arm in Arm mit der Automobilindustrie in eine neue Zukunft katapultieren wollen. Zu vermuten ist ja, dass das nahezu weltweit gültige (und gleichermaßen missachtete) Handyverbot am Steuer eines Kraftfahrzeugs, die Jungs und Mädels im Silicon Valley getrieben hat, ein handsfree Auto zu entwickeln, damit dem ungehinderten Ei- und Smart-Phone-Gebrauch keine bürokratischen Hindernisse mehr im Wege stehen. Das kann den Umsatz sicherlich ebenso steigern, wie die mögliche Erhöhung der Autodichte. Man sieht sie schon mit $- und €-Zeichen in den Augen träumen. Und ich will ja nun auch gar nicht kulturpessimistisch daherkommen und so wie damals mit der Ablösung der Kutsche durch das Auto nun eine neue Entwicklung bejammern. Nur dass halt damals der Kutscher, also ein Mensch, hinter das Steuer eines Automobils gestiegen ist und dort, immer noch als Mensch, weiterhin tollkühne, zumeist aber unsinnige Fahrkünste veranstaltete. Die Freizeit-Ben-Hurs wurden durch die Freizeit-Nikki-Laudas abgelöst. Und wo bleiben die beim fahrerlosen Auto? Die fahren halt weiter selbst, weil’s so geil ist oder auch nur ganz normal Spaß macht. Das nennt man wohl den Faktor Mensch. Und dann sehe ich auch noch all die kleinen und großen Freizeithacker vor meinem zukunftgetrübten Auge, wie sie da am Straßenrand mit ihren mobilen Smartcomputern die vorbeifahrenden computergesteuerten Autos knacken und Kirmescrash spielen. Der von Hackern ferngesteuerte Jeep in den USA deutet nicht nur auf etwas Gutes hin.

Vor Hackern sicher und technologisch sicherlich einfacher umzusetzen (wenn auch gesellschaftlich wohl eher schwieriger) wäre das Zukunftsmodell des autolosen Fahrers, der sich dann vielleicht in einer computergesteuerten U- oder Straßenbahn mit den möglichen, extrem kurzen Taktzeiten fortbewegen kann.

Autolos durch die Stadt … auf geht’s, Helene.

Jochen Vielhauer

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