English Theatre: The Ruling Class

English Theatre: Ruling Class (Foto: English Theatre)Gallenbitterschwarze Komödie

English Theatre spielt »The Ruling Class« von Peter Barnes

Der 13. Earl of Gurney starb durch den Strang. Ein autoerotischer Unfall freilich, wie er in den besten Kreisen vorkommt: Halb Napoleon, halb Ballerina, nur mit Dreispitz und Tutu bekleidet, strangulierte er sich zu Tode. Bei solch einem Vater muss es nicht wundern, wenn auch der 14te Earl of Gurney seine Eigenarten hat. Der junge Erbe kommt schnurstracks aus dem Sanatorium von seiner Schizophrenie-Behandlung, um sein Jack anzutreten. Dumm nur, für seinen einflussreichen Familien-Clan, dass der neue Herr sich für den lieben Gott selber hält, seit er beim Beten das sichere Gefühl gewann, zu sich selbst zu reden. Trotz aller Neigung zum Dünkel geht den Gurneys dieser aber zu weit. Ihr Versuch, Jack mit Elektroschocks zu therapieren, mündet mit bösesten Folgen darin, dass der sich nun für Jack The Ripper hält.

Selbstverständlich ist »The Ruling Class« zum Schreien, schrill, gottlos und ein Heidenspaß. Was aber vorderhand wie der aberschräge Nonsens einer Aristokratenklamotte daherkommt, entpuppt sich schnell als gallenbitterschwarze Satire über die Arroganz und das Machtgebaren einer so korrupten wie gierigen britischen Oberschicht. Nix da mit ›old fashioned‹. Peter Barnes hat die Komödie 1968 geschrieben und mit seiner unbändigen Spottlust nicht nur den Nerv jener wilden Tage des Aufbegehrens getroffen. Die beißende Kritik kommt einem wie von Monthy Python vor und hat vor dem Hintergrund des Neo-Thatcherismus auch 45 Jahre nach seiner Premiere nichts an Aktualität verloren. Sie macht – mit Gruß an Angela – auch gewiss nicht an den Landesgrenzen des Old Empire halt.

»The Ruling Class« jetzt in Frankfurt zu geben hat für Daniel Nicolai, den Chef des English Theatre, auch von daher Sinn. Sein Hausregisseur Ryan McBryde liege ihm schon seit einiger Zeit mit diesem Wunsch in den Ohren, das vor dem Hintergrund der ökonomischen Zuspitzung förmlich nach einem Revival schreie. Aufgrund eines beträchtlichen Aufwands (acht Schauspieler, wechselnde Bühnenbilder) habe er lange vor diesem Stück gescheut, meint Nicolai. Nun aber, im Vorfeld des sehr amerikanischen Musicals-Saisonhighlights »Saturday Night Fever« , biete eine urbritische Knaller-Komödie den passenden Kontrast. »The Ruling Class« wurde 1972 mit Peter O’Toole verfilmt und war ein Kandidat für die Goldene Palme in Cannes. Dass der Streifen nie deutsch synchronisiert worden sei, verheiße gewiss nichts Schlechtes, bemerkt unser Filmredakteur. In him we trust.

gt
Premiere: 6. September. Bis 15. Oktober täglich außer Montag, Di.–Sa. 19.30 Uhr, So. 18 Uhr
www.english-theatre.de

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