»El olivo – Der Olivenbaum« von Icíar Bollaín

Einen alten Baum verpflanzt man nicht

Auch aus den ernsten Themen Wirtschaftskrise und Naturschutz darf man einen vergnüglichen Film mit der Dramaturgie einer romantischen Komödie machen. Die Spanierin Icíar Bollaín beweist dies mit ihrer neuen Regiearbeit »El olivo«, dem der deutsche Verleih den Zusatztitel »Der Olivenbaum« gegeben hat. Ein Publikum, das sich amüsieren und dabei auch Stoff zum Nachdenken bekommen will, wird es ihr danken.

»El olivo« erzählt eine Familiengeschichte: Die achtjährige Alma (Inés Ruiz) und Großvater Ramón (Manuel Cucala) sind ein Herz und eine Seele. Ihre besondere Liebe gilt dem zwei Jahrtausende alten Olivenbaum, dem Prachtstück in ihrem Olivenhain. Während Ramón in seinem Schatten Schutz vor der Sonne sucht, klettert die Enkelin an ihm hoch. Oder sie lässt sich erklären, wie aus einem kleinen Ableger so ein mächtiger Baum wird. Viel, viel älter als der Großvater.
Für die Kleine fühlt es sich an wie ein Märchen, und der Märchenton bleibt dem Film auch erhalten, als die Idylle der Olivenfarm von der Wirtschaftskrise ergriffen wird. Um Geld zu bekommen, beschließt die Familie gegen den Willen Ramóns, den alten Olivenbaum zu verkaufen. 30.000 Euro sollen der Familie helfen, ein Restaurant zu eröffnen. Trotz Almas und Ramóns Widerstand wird der Baum radikal beschnitten und der alte Stamm schließlich samt Wurzeln mit schwerem Gerät aus dem Erdreich gerissen. Ramón verschlägt es die Sprache, fortan wird er sich weigern zu reden. Die mittlerweile 20-jährige Alma, jetzt von der vor allem aus dem spanischen Fernsehen bekannten Anna Castillo gespielt, bekommt heraus, dass der Olivenbaum als ökologisches Vorzeigeobjekt im Foyer eines Düsseldorfer Energiekonzerns zu bewundern ist. Um dem weltabgewandten Großvater neuen Lebensmut zu spenden, greift sie zu einer List. Mit einer Lüge überredet sie ihren Onkel Alcachofa (Javier Gutierrez) und den sie heimlichen verehrenden Rafa (Pep Ambròs) zu einer Fahrt nach Deutschland. Mit einem Tieflader wollen sie den Baum zurückholen.
Es beginnt eine Reise der seltsamen Begegnungen und der überraschenden Momente von Freude und Enttäuschung. Zwischendurch transportiert der LKW eine Nachbildung der Freiheitsstatue, die für das optimistische Gefühl der drei Naturfreunde steht, bis sie zum Symbol für die Herrschaft der internationalen Konzerne wird. Die Fahrt ist ein bisschen eine Werbung für ein Europa ohne Grenzen. Auch in den kuriosesten Situationen, die den Unterhaltungswert des Filmes beträchtlich erhöhen, vermeidet es die Filmemacherin, ihre Protagonisten bloßzustellen. Vielleicht ist das Ende etwas zu hoffnungsvoll, aber Märchen gehen ja bekanntlich immer gut aus.

Tom Zwicker
EL OLIVO – DER OLIVENBAUM
von Icíar Bollaín, E 2016, 98 Min.
mit Anna Castillo, Javier Gutiérrez, Pep Ambròs, Manuel Cucala, Miguel Angel Aladren, Carme Pia
Komödie
Start: 25.08.2016

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