Einfach, genial (106)

»Hast du gesehen, wie schön das alles zusammengekracht ist?« hat Sorbas einst seinen englischen Freund gefragt, nachdem ihr geniales Geschäftsmodell, eine Seilbahn für Baumstämme, zusammengebrochen war.
Herr Varoufakis kann dies bald seinen Freund Alex fragen. Die zwei Jungs haben verdammt gut gepokert, und mit Guter Bulle (Tsipras) und Böser Bulle (Varoufakis) die gesamte Euro-Gruppe vorgeführt und dabei den Zeitdruck, den Merkel,  Juncker und die anderen aufgebaut haben, gegen diese gewendet. Das konnte gelingen, weil die Eurogruppenleute das einzige Druckmittel, das sie in der Hand hatten, verspielt haben mit Sprüchen wie: »Griechenland muß unbedingt im Euro bleiben«. Dabei sollte mittlerweile allen bewußt sein, dass Griechenland besser aus dem Euro raus muß – auch in dessen eigenem Interesse. Das kann ein Europapolitiker aber niemals zugeben ohne einzuräumen, daß man in der Vergangenheit und mit dem Euro große Fehler begangen hat.
Wenn man sich den Spielverlauf ansieht, wollten Tspiras und Varoufakis selbst den Grexit – mindestens aber den »Großen Schuldenschnitt« – spätestens seit ihnen klar wurde, daß sie Italiener, Portugiesen und Spanier nicht auf ihre Seite würden ziehen können. Seither wurde Zeit geschunden mit wertlosen Zugeständnissen, Ablehnungen, Umbenennungen, Täuschungen, Belehrungen, Beleidigungen, demonstrativen Reisen nach Rußland und Merkelpuppenverbrennungen.
Gleichzeitig haben die Griechen peu à peu ihre Konten geräumt, wobei dies mit Überziehungskrediten bei der EZB finanziert wurde, die sich mittlerweile auf knapp 100 Milliarden Euro belaufen – bei einem geschätzten BIP von 187 Milliarden für 2015 entspricht das mehr als der Hälfte des Jahreseinkommens Griechenlands.
Je mehr Zeitdruck von der Eurogruppe aufgebaut wurde, desto unnachgiebiger ist die griechische Regierung geworden – und hat derart ihre Verhandlungspartner (-gegner) in die Bredouille gebracht, daß denen vielleicht nichts anderes übrigbleibt, als den Geldhahn zuzudrehen. Wahrscheinlicher aber ist, dass Tsipras, wie seine Vorgänger, lernt, so zu tun, als mache er Zugeständnisse, und die Europäer tun so, als würden sie es glauben.  Und selbst wenn es eine Staatspleite gäbe, würde sich erstmal wenig ändern.
Mindestens die Hälfte der Schulden würde gestrichen. Und wenn dann die Ärmsten der Armen aufschreien, wird Europa Medikamente und Lebensmittel liefern und einen Marshallplan aufstellen – so, als wäre Griechenland Kriegsopfer, das Land zerstört und als müsse es wiederaufgebaut werden. Als Geschäftsmodell ist das jedenfalls besser als die Seilbahn von Alexis Sorbas.

Kurt Otterbacher

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