»Ein Hologramm für den König« von Tom Tykwer

Mekka für Ungläubige

Ob es uns gefällt oder nicht, die arabische Welt rückt immer näher, und was in ihr geschieht, wird für uns immer bedeutsamer. Die Geschichte vom amerikanischen Geschäftsmann, der in Saudi-Arabien an den Nullpunkt seiner Karriere kommt, könnte Tom Tykwer auch aus diesem Grund gereizt haben. In seiner Verfilmung des Romans »Ein Hologramm für den König« von Dave Eggers führt er uns in die saudische Wüste und – das dürfte für einen hiesigen Filmemacher einmalig sein – quer durch Mekka.

Der besagte US-Amerikaner heißt Tom Clay und ist 54 Jahre alt. Er hat seinen Job daheim durch die Bankenkrise verloren. Tom Hanks spielt ihn gewohnt nachdenklich mit Sorgenfalten im Gesicht. Nach »Cloud Atlas« ist es seine zweite Zusammenarbeit mit Tom Tykwer, wie der Filmverleih stolz verkündet.
Am Anfang ist Hanks vor einem hübschen Haus zu sehen. In einem Traum singt er den Song der Talking Heads, »Once in a Lifetime«, und mit diesem Lied ist das Thema des Films bereits angedeutet. Dass man sich vor einem schönen Haus mit einer schönen Ehefrau vorfinden und sich fragen könnte: »How did I get there?« heißt es darin.
Zunächst geht es allerdings erst einmal darum, Haus und Frau zu behalten. Deshalb nimmt Clay einen Job als Verkäufer an. Es ist seine letzte Chance vor der Arbeitslosigkeit, und sie ist anspruchsvoll für ihn und bedeutend für die Firma: Clay soll dem saudischen König Abdullah hochmoderne Hologramm-Technologie für eine gerade im Bau befindliche neue Stadt im arabischen Wüstensand verkaufen.
Doch zunächst läuft alles schief. Die Klimaanlage in dem Zelt, in dem Clays Mannschaft die Hologramm-Präsentation vorbereiten soll, funktioniert nicht, und der Internetanschluss tut es auch nicht. Sein Kontaktmann zum Königshaus hält die Verabredungen nicht ein, er lässt sich sogar verleugnen. Dennoch gelingt es Clay, sich in ein schon fertiggestelltes Verwaltungsgebäude einzuschleichen. Er lernt eine Dänin (Sidse Babett Knudsen) kennen, die an der Planung beteiligt ist – zudem die Ärztin Dr. Zahra Hakem (Sarita Choudury), die ein Geschwür auf seinem Rücken behandelt.
Während Clay auf den König wartet, chauffiert ihn der einheimische Yousef, der von Alexander Black, einem gebürtigen Ägypter, der in den USA als Stand-up Comedian bekannt ist, gespielt wird. Wenn er für Clay den Fremdenführer jenseits der offiziellen Pfade gibt, kann man an den  etwa zur gleichen Zeit gedrehten »Rock the Kasbah« denken, in dem Tariq (Fahim Fazli) den Musikproduzenten Richie Lanz (Bill Murray) durch Kabul führt. Doch während Levinson sein Afghanistan-Abenteuer klamaukig vorträgt, geht es Tykwer darum, uns in Staunen zu versetzen. Und das erreicht er vor allem auch durch die versehentliche Mekka-Fahrt seiner Protagonisten, an einen Ort also, der für Nicht-Muslime verboten ist.
Leider mündet der Film in eine ziemlich unglaubwürdige Man-finds-woman-story, was wohl weniger der Naivität der Autoren als den Wünschen des heutigen Publikums geschuldet sein dürfte, das unter allen Umständen nach einem glücklichen Ende verlangt.

Claus Wecker
EIN HOLOGRAMM FÜR DEN KÖNIG
(A Hologram for the King)
von Tom Tykwer, D/USA/GB/F 2016, 98 Min.
mit Tom Hanks, Alexander Black,
Sarita Choudhury, Sidse Babett Knudsen, Ben Wishaw, Tom Skerrit
nach dem Roman von Dave Eggers
Drama
Start: 28.04.2016

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