Ein freudiges Ereignis (Start: 4.4.2013)

Ein freudiges EreignisStress zu dritt

»Ein freudiges Ereignis« von Rémi Bezançon

 

In Godards »Eine Frau ist eine Frau« trug ein Paar unter Zuhilfenahme von Buchtiteln einen Streit aus: Jean-Claude Brialy und Anna Karina hielten sich gegenseitig das passende Buch vor die Nase. Mittlerweile sind fünfzig Jahre vergangen. Heute flirten Pio Marmai und die attraktive Louise Bourgoin mit DVD-Titeln. »In the Mood for Love« wird mit »Träume« gekontert.

Nicolas arbeitet in einer Videothek, und Barbara ist seine beste Kundin. Es dauert einige Zeit, bis aus den beiden ein Paar wird. Und es dauert wieder eine Weile, bis Barbara schwanger wird – mit den bekannten und ein paar weniger bekannten Problemen. Der Titel »Ein freudiges Ereignis« (Un heureux événement) ist eben auch ironisch gemeint. Die Schwangerschaft kommt – wie so oft – zum falschen Zeitpunkt, hat Barbara sich doch gerade das Thema für die Abschlussarbeit ihres Philosphie-Studiums geben lassen. Ganz zu schweigen von den körperlichen Erschwernissen, die nach und nach zunehmen. Da wird beispielsweise das Aufstehen aus dem Bett zu einer anstrengenden Leibesübung.

Wie es sich für Intellektuelle gehört, werden diverse Ratgeber-Bücher gekauft und gelesen. Die beiden zukünftigen Großmütter stehen dem jungen Paar ungefragt mit ihren Ratschlägen zur Seite, und vom Geburtsvorbereitungskurs bis zur Stillgruppe wird das Arsenal der (Selbst-)Hilfegruppen durchprobiert.

Die kleine Lea, die schließlich auf die Welt kommt, bedeutet nicht nur Freude und Stolz für die frischgebackenen Eltern, sie verursacht auch ein Hormonchaos bei ihrer Mutter und krempelt mit ihren Bedürfnissen das Leben der Eltern komplett um. Vorbei ist es mit der Nachtruhe, in der Ehe kriselt es, weil Nicolas sich zurückzuziehen versucht und Barbara sich überfordert fühlt. Sie verlässt Mann und Kind. Aber wie die postnatale Depression bleibt auch das eine Episode.

Regisseur Rémi Bezançon, der sich schon mit »C’est la vie – So sind wir, so ist das Leben« als Experte für Familiengeschichten erwiesen hat, weiß realistisches Drama mit ebenso realistischer Komödie zu verbinden. Auf seiner Verfilmung des Buches von Éliette Abécassis könnte ebenfalls der Untertitel »So ist das Leben« stehen. Sein einfühlsames Frauenporträt ist allen Männern zu empfehlen, die ein wenig mehr von jenen weiblichen Wesen verstehen wollen, mit denen sie so oft ihre Mühe haben, und die so nebenbei auch ihr eigenes Verhalten überprüfen können. Und Louise Bourgoin ist mit und ohne Babybauch eine wahre Augenweide.

Claus Wecker
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EIN FREUDIGES EREIGNIS (Un heureux événement)
von Rémi Bezançon, F 2011, 107 Min.
mit Louise Bourgoin, Pio Marmaï, Josiane Balasko, Thierry Frémont, Gabrielle Lazure, Firmine Richard
nach dem Roman von Eliette Abecassis
Tragikomödie
Start: 04.04.2013

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