Disneyland (90)

Angesichts all der Ereignisse der letzten Tage und Wochen in Old Europe und dem speziellen Anrainerstaat fällt es einem ziemlich schwer, über Wahlkampf- und sonstige Banalitäten aus den USA zu schreiben. Da ich aber ja nun nicht zu den Schwergewichten der Kommentatorengilde oder gar zur Kategorie der mittlerweile unzähligen selbst- oder von wem auch immer ernannten Welterklärungsexperten zähle, erlaube ich mir mal, aus der Ferne Alltägliches, Absonderliches, Außerordentliches aus dem großen Disneyland zu berichten. Dem Land also, in dem ein Donald nicht immer Duck heißt, aber fast so aussieht und mit allen Mitteln versucht, dem Loserimage seines Namensvetters mit der Polterei des Multitrilliardärs Dagoberts zu begegnen.

Das richtige Flair sollte der Ausnahmezustand rund um seinen Wallfahrtsort in Cleveland hergeben. Besorgniserregende Vorberichte zu möglichen Gewaltausschreitungen, der Aufmarsch unzähliger Polizisten, die selbst aus dem entfernten Delaware herangezogen worden waren, die Sperrung bzw. Umleitung der zentralen Interstate 90, die Liste in der Stadt verbotener Gegenstände wie Tennisbälle, Konservendosen und Wasserpistolen (das offene Herumtragen von richtigen Pistolen ist dort ja grundgesetzlich erlaubt und wurde denn auch von dem einen oder anderen stolz demonstriert) sollten die Wichtigkeit solch zentraler politischer Forderung wie »Make America safe again« sichtlichen Nachdruck verleihen. Doch in der Stadt, in der noch bis in die siebziger Jahre immer mal wieder der zur chemischen Abfallkloake verkommene Cuyahoga River in Flammen stand, brannte zu Beginn des Republikanerfestivals lediglich die Sonne auf die Häupter der angereisten Donaldianer. Die Polizei nahm ihre Verbotsliste selbst nicht so ernst, mein Rucksack wurde nicht einmal auf die Anwesenheit von Tennisbällen oder anderen Wurfgeschossen untersucht, stattdessen wurde mir beim Überqueren einer roten Ampel vom danebenstehenden Ordnungshüter ein freundlich-aufmunterndes »Have a nice day« zugerufen, obwohl schon an meinem T-Shirt zu erkennen war, dass ich eher der »Euro 2016« als dem »Cleveland 2016« zugetan war und damit doch eher einer jener, die der Donald eigentlich nicht so gerne in seinem Land sähe.

Donalds weiterer zentraler Wahlkampfslogan »Make America great again« kann angesichts eines endlos erscheinenden Roadtrips aus dem südwestlichen New Mexico zum Tagungsort am Eriesee nicht geografisch gemeint sein, also weitere Landnahme scheint von Donald nicht geplant zu sein. Großes allerdings hat Amerika, wenn man mal die unkorrekte Bezeichnung der USA so stehen lässt, auf jeden Fall auf dem Gebiet der kommunikationstechnologischen Versorgung zu leisten. Die deutsche Jammerei über die schlechte flächendeckende Versorgung deutscher Landstriche mit schnellem Internet ist vielleicht im Vergleich mit Estland oder Litauen gerechtfertigt, angesichts der schwarzen Kommunikationslöcher auf dem US-amerikanischen Kontinent aber kaum nachvollziehbar. Wenn man auf den falschen Anbieter gesetzt hat, kann es vorkommen, dass man über hundert Meilen von jeglicher Kommunikation ausgeschlossen ist. Beruhigend, dass die nächsten hundert Meilen dann den jeweils anderen Anbieter treffen. Das vielgepriesene freie WLAN in den nicht großstädtischen Hotels erweist sich als Spaßbremse mit Schneckenappeal, der man nur mit einem Besuch bei McDonalds um die Ecke begegnen kann. Wenigstens die haben, nicht nur hamburgertechnisch, sondern auch Wlan-mäßig Amerika schon »great again« gemacht.

Und nun schauen wir mal, was denn die Daisy auf ihrem Parteitag in Frankfurts Partnerstadt Philadelphia zu bieten hat. Ich mach mich mal auf den Weg.

Jochen Vielhauer

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert