Das Leben der andern (80)

Nach drei Folgen mit zusammen über 21 Millionen Zuschauern ist die viel gelobte Mini-TV-Serie über unsere »Mütter und Väter« zu Ende gegangen. Ein schöner, allseits gepriesener Erfolg.

Der Dreiteiler hat 14,7 Mio. Euro gekostet – das ist das Geld für etwa 10 »Tatorte«, die selten weniger als jeweils 8 Mio. Zuschauer bringen. Ein Öffentlich-Rechtlicher Quotenverlust von 59 Mio. Zuschauern ist demnach entstanden, legt man den so beliebten McKinsey-Roland-Berger-Maßstab an. Das verlangt natürlich nach einem Mehrwert an Erkenntnis, den vor allem und erstaunlicherweise die FAZ konstatiert hat.

Die Serie machte aus den fünf Protagonisten, die laut Drehbuch Freunde sein sollten, ohne dass man es jemals spürte, Getriebene des Schicksals, Menschen, die höheren Mächten ausgeliefert, fehlbar sind, es immer wissen, aber nie darüber reflektieren.

Der Erkenntnismehrwert, den der Film liefert, besteht also in der Einsicht, dass Menschen – in diesem Fall unsere Vorfahren – nur in begrenztem Maße (wenn überhaupt) die Autoren ihrer persönlichen Lebensgeschichte sind. Darin liegt zweifellos ein Körnchen Wahrheit.

Es steht aber erstens im Widerspruch zur derzeit geltenden Auffassung über die Größe der Lebensleistung der 68er, und es separiert zweitens die Täter als »die anderen« von uns, den »übrigen«, unseren »Müttern und Vätern«, die in der Serie zudem kräftig gelitten und gebüßt haben (auch wenn wir nie so recht verstanden, warum wer was gemacht hat, z.B. warum Schwester Charlie die jüdische Ärztin denunziert hat).

Es stellt sich zudem die Frage, ob das, was der Film unseren Müttern und Vätern zugesteht, nicht auch für die anderen, die Täter, gelten muss?

Diese werden im Film alle als Psychopathen, als Feiglinge, d.h. als von vornherein und unverwechselbar »schlechte« Menschen gezeichnet. Der Nationalsozialismus war dann vielleicht nur eine ganz schreckliche Viruserkrankung?

Herr Schirrmacher von der FAZ (unterstützt diesmal von Martin »der Mann, der niemals recht hat« Schulz) wollte diesmal zwar nicht die Welt retten, sondern offenbar nur der Generation der zwischen 1959 und 1969 geborenen eine Vergangenheit liefern, mit der sie leben kann. Irgendwann muss halt mit allem mal Schluss sein.

Kurt Otterbacher

PS:

Trotzdem wüßte ich gerne, warum mein Vater, evangelisch, überzeugter Sozialdemokrat, mit 18 eingezogen, im Rußlandfeldzug 100% kriegsversehrt, bis zu seinem Tod ein Exemplar von »Mein Kampf« in seiner Nachttischschublade aufbewahrte.

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