Das Junge Staatstheater Wiesbaden spielt »Macbeth«

Staatstheater Wiesbaden: Macbeth (Foto: Lena Obst)Ein Sportsmann will nach oben

Das Alpha-Gen gehört selbstredend dazu, wenn angehende Erwachsene sich fragen: Wann ist der Mann ein Mann? Im Wiesbadener Staatstheater gibt die Regisseurin Isabel Osthues, die hier zuletzt »Mr. Marmalade« inszenierte, nun Jugendlichen ab 14 Jahren ihre Lesart von William Shakespeares Megadrama »Macbeth« mit auf den Weg der Selbsterkenntnis. Die Hamburgerin, die auch das Bühnenbild ersonnen hat, setzt sich zum besseren Zugang die Sportbrille auf, indem sie den schottischen Titelhelden auf seinem Weg in den Wahnsinn durch Kampfarenen und Fight-Clubs stürmen und taumeln lässt. »MenschMachtMacbeth« heißt das »frei nach« Shakespeare verfasste Stück, das sich sprachlich aber eng an Thomas Braschs flott übersetzte Vorlage anlehnt.
Von der Decke baumeln Fleischerhaken an Eisenketten. In kniefreien Krieger-Kilts und mit American-Football-Helmen gewappnet legen Macbeth, Banquo und Lennox ein brachiales Siegertänzchen aufs Kunstrasenparkett der kleinen Studio-Bühne. »Geiler Kick, geiler Pass«.
Macbeth ist der Hero auf dem Schlachtfeld, aber noch ein Team-Player. Erst als ihm – wie von einer Hexe vorhergesagt – die königsblau glänzende Boxchampion-Robe mit Goldlettern  den Titel des Than of Cawdor (Kostüme: Heike Ruppmann) übergehängt wird, erwacht der Ehrgeiz in Macbeth. Jetzt will er die ihm gleichfalls geweissagte Königskrone, aber dalli. Von seiner noch viel gierigeren Gattin, Lady Macbeth, getrieben (»Sei ein Mann!«), scheut er nicht vor Mord und Freundesverrat zurück – bis alles zu viel wird für seinen Kopf.
Osthues reduziert ihr auf 90 Minuten getrimmtes Stück auf wenige Personen, setzt mit der Erscheinung »Der Schwarze Wunsch« (natürlich ganz in Weiß) aber den inneren Monolog des Helden als zusätzliche Figur in Szene, die Ingo Paulick schmierig und glatt in das Zentrum des Geschehens stellt. Unnahbar schön taucht Carolin Freunds tyrannisch-kalte Lady Macbeth ins Licht. Thomas Jansen gibt einen beherzten Macbeth, der zuhause freilich arg unter dem Pantoffel steht, Benjamin Hübner in Banquo den herzerweichend wahren Freund und Elke Opitz die Hexe. Ein gelungener offener Zugang zu Shakespeare, der, von Rollen und Rollenerwartungen handelnd, mitten in den Alltag seiner Zuschauer führen sollte.

gt
Termine:
28./29. Mai + 12. Juni, 19.30 Uhr
www.staatstheater-wiesbaden.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert