Das Art Foyer der DZ-Bank zeigt Fotografien von Johannes Brus

Im Sonntagsanzug zur Gurkenparty

Fotografieren ist heutzutage keine Kunst. Denn jeder kann‘s – und macht es auch – mit Handy oder Smartphone. Um das Foto in der Hand zu halten, braucht es im Digitalzeitalter nur noch einen Drucker. Früher war das anders. In der analogen Fotografie wurde der belichtete Film – ursprünglich aus Zelluloid – einem komplizierten chemischen Prozess ausgesetzt. Das konnte man an Fachleute delegieren oder in der Dunkelkammer mit Entwickler und Fixierer selbst in die Hand nehmen.
Traditionell analog hat auch der zur Düsseldorfer Schule zählende Fotograf, Bildhauer und Maler Johannes Brus die zwölf fotografischen Arbeiten gefertigt, in denen sich nun im Art Foyer der DZ-Bank sein Schaffensprozess von 45 Jahren widerspiegelt. Beim Entwickeln allerdings geht der 1942 geborene Künstler völlig unorthodox vor, indem er die Aufnahmen mit allem bearbeitet, was eigentlich verboten ist: wie Kratzern im Negativ, Klecksen von Entwickler oder Fixierbad oder Wischspuren vom Schwamm. Sein künstlerisches Credo formuliert er in der Begleitbroschüre: »Fotos so lange misshandeln, bis auch der letzte Rest von Sonntagsanzugglanzabzug raus ist«.
Entstanden sind dabei eigentlich Gemälde, mit Struktur, Tiefe, Farbe, im Wortsinn mit dem Licht (griechisch: phos) gemalt oder geschrieben (graphein), auch wenn sie oftmals dunkel oder zunächst rätselhaft erscheinen, weil ihr Objekt nicht gleich zu erkennen ist. Das Motto »Das Unsichtbare im Sichtbaren« kommt schließlich nicht von ungefähr. Denn natürlich sind es nicht einfach Abbilder irgendeiner Realität: Das »Blaue Pferd« (1979) etwa wirkt zunächst wie ein Kippbild, bis man die dunkle massige Silhouette des grasenden Tiers mit den Augen erfasst hat. Eine Anspielung auf Höhlenmalerei oder Franz Marc und dessen blaue Pferde? »Das grüne Nashorn« (1982) dagegen lässt an Albrecht Dürer denken, auch wenn Brus im Gegensatz zu seinem mittelalterlichen Kollegen dem Tier im Zoo oder auf seinen Reisen nach Indien und Afrika begegnet sein dürfte. Vom geheimnisvollen Verhältnis von Mensch zur wilden Natur handeln auch »Der tote Elefant« (1982) oder die Anubis-Figur (1994), während die »Vorhölle« (2002) fern der gängigen christlichen Vorstellung einen grünlichtdurchfluteten indischen Tempel mit geheimnisvollen Rätselfiguren zeigt.
Den Bildhauer Brus vertritt ein kleiner Gipselefant auf einem Kapitel. Auch hier sind die Freude und das plastische Vergnügen des Künstlers an der Körperlichkeit seiner Objekte spürbar. Doch es gibt nicht nur anspielungsreich zu Entschlüsselndes, auch an der sehr heiteren, in traditionellem Schwarzweiß angelegten Fotostory »Gurkenparty« kann man sich erfreuen. Die Gurken tanzen und hüpfen im Garten auf und über einem Tisch – und verschwinden langsam eine nach der anderen. Wie das gemacht ist, wird hier nicht verraten. Beeindruckend, hintergründig und amüsant.   

Katrin Swoboda (Foto: © Johannes Brus)
Bis 19. Juni: Di. – Sa. 11–19 Uhr
www.dzbank-kunstsammlung.de

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