Dallas Buyers Club (Start: 6.2.2014)

Dallas Buyers Club (Start: 6.2.2014)Recht und billig

»Dallas Buyers Club« von Jean-Marc Vallée

1985 wird bei dem Elektriker Ron Woodroof AIDS diagnostiziert. Seine Überlebensprognose: 30 Tage. Matthew McConaughey spielt diesen Ron Woodroof in » Dallas Buyers Club«, diesem faszinierenden Porträt eines Schwulenhassers, der zum Vorkämpfer für bessere und billigere Medikamente wird. Er hat dafür eine Oscar-Nominierung erhalten.

Der Pionier der Aids-Bekämpfung ist anfangs ein homophober Held, dessen Verhalten jeder bürgerlichen Vernunft Hohn spricht. Und natürlich könnte man argumentieren, dass dieser Texaner es ohnehin nicht mehr lange gemacht hätte. Dieser reuelose Sünder vor dem Herrn flucht, säuft, raucht, hurt, dealt, zockt und kokst, als gäb‘s kein Morgen. Und nach der niederschmetternden Diagnose schaltet er erst recht auf Angriff. Dieselbe paradoxe Lebenswut verwendet der Underdog nun darauf, sein Dasein zu verlängern. Der Macho verschafft sich illegal – über einen Krankenpfleger, den er in einem Stripclub trifft – das Medikament AZT, das gerade in Blindstudien getestet wird. Nach einem Tipp kauft er in Mexiko nicht zugelassene Präparate, die weniger Nebenwirkungen als AZT haben. Mit einem juristischen Kniff, der Gründung eines Clubs, vertickt er die Schmuggelware mit Hilfe von Drag-Queen Rayon an andere Kranke. Zunächst nicht aus Menschenfreundlichkeit, sondern um Geld zu verdienen – wie eben auch die Pharmaindustrie, die, als plötzlich Aids-Patienten die Klinik verlassen und sich selbst behandeln, mit Hilfe der US-Kontrollbehörde FDA die Schlupflöcher stopfen will.

Das Drama des frankokanadischen Regisseurs Jean-Marc Vallée (»C.R.A.Z.Y.«) basiert auf einer authentischen Geschichte und wurde in nur 25 Tagen gedreht. Die raue, unsentimentale Machart zieht einen ohne inszenatorische Mätzchen in jene Epoche, in der die »Schwulenseuche« weltweit Hysterie erzeugte. Matthew McConaughey feiert mit seinem Auftritt, für den er 25 Kilo abnahm, sein Comeback als ernst zu nehmender Schauspieler. Mit Porno-Schnauzer und aggressivem Gebaren spielt er einen Getriebenen, dessen durchaus kriminelle Energien sich als Segen für die Aidskranken entpuppten. Mit Jared Leto als sensiblem Rayon, der dem homophoben Cowboy schließlich doch einen Freundschaftsbeweis abringt, und Jennifer Garner als Ärztin, die an der Behandlungsstrategie ihrer Kollegen zweifelt, gibt es noch mehr starke Auftritte.

Doch packend ist das Drama nicht nur wegen des hageren Rowdys. Spannend ist auch, wie sich das Tauziehen zwischen dem System aus Pharma, Ärzten und FDA und zwischen Kranken, die schnell, unbürokratisch und billig Medikamente brauchen, zu einem Lehrbeispiel für die krummen Wege medizinischen Fortschritts entwickelt. Der Pharmatourismus von Woodroof und anderer »Buyers Clubs« beschleunigte die Zulassung besserer Präparate. AZT, das damals teuerste Medikament, kostete 10.000 Dollar pro Patient und Jahr. Nur zum Vergleich: Heute kostet die Behandlung der nach wie vor unheilbaren Immunschwäche pro Patient monatlich 1.000 Euro. Heute überleben die Patienten länger – zu ihrem Glück und dem der Pharmaindustrie. Heute kaufen Hilfsorganisationen in Afrika billige Aids-Medikamente aus Indien, und US-Amerikaner versorgen sich in Kanada und Mexiko mit preiswerteren Medikamenten. Viel hat sich also trotz Wühlern wie Woodroof nicht geändert.

Birgit Roschy

DALLAS BUYERS CLUB
von Jean-Marc Valée, USA 2013, 117 Min.
mit Matthew McConaughey, Jennifer Garner, Jared Leto, Denis O‘Hare, Steve Zahn
Drama, Start: 06.02.2014
Läuft im:
Cinema | CineStar | Eldorado

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