Art Foyer Frankfurt: »Road Atlas«

Straßenbilder und Bilderstraßen

Art Foyer Frankfurt: Stephan Pauly kuratiert einen »Road Atlas«

Autowrack – Blume – Autowrack – und dann wieder eine Blume: Mit diesen wohlgesetzten Kontrasten hebt die 22-teilige Bilderreihe an der langen, langen Wand im Art Foyer der DZ-Bank an. Kein Wunder also, wenn Christina Leber, die oberste Sammlerin dieser der Kunstfotografie verpflichteten Abteilung des Geldhauses, in der neuen Ausstellung »Road Atlas« hier viel Musik zu vernehmen meint. Erstmals hat das Art Foyer einen, was das Genre angeht, »art«fremden Prominenten der Frankfurter Kulturszene gebeten, ein Konzept für eine Bilderausstellung zu entwickeln und ihm dafür das Thema Straße vorgegeben: Stephan Pauly, den Intendanten der Alten Oper. »Er hat komponiert, wo sonst kuratiert wird«, urteilt Leber über das Ergebnis. Tatsächlich ist die mit Wrack-Blume-Wrack eröffnete Bilderstraße  von Straßenbildern, in der sich auch Obdachlose und Wim Wenders tummeln, in unterschiedlicher Größe bestückt und mutet deshalb mit etwas Abstand betrachtet wie eine Zeile von Musiknoten an. Einem bestimmten Musiktitel folgt die Hängepartie angeblich aber nicht.
Der Mann, der von sich sagt, kein Musikinstrument zu beherrschen, aber das Profil der Alten Oper mit dem eröffnenden Musikfest und mit dem Ausbau des Pegasus-Kinderprogramms in kürzester Zeit neu zu prägen vermochte, erledigt die  angenommene Herausforderung denn auch gerne mit der Leidenschaft des Liebhabers. Insbesondere Wolfgang Tillmanns Arbeiten schätze und verfolge er seit vielen Jahren, meint Pauly. Aus den rund 900 Straßenfotografien der DZ-Bank in deren über 7.000 Bilder schweren Schatz hat Pauly ungefähr 100 ausgesucht und auf die recht verschachtelte Räumlichkeit am Platz der Republik verteilt. Mehr als ein Jahr hatte er dafür Zeit und sich zu Hause sogar ein Modell des Ausstellungsraumes aufgestellt. Herausgekommen ist eine verwinkelte Tour um das Leitmotiv, die immer mit Abstechern zu speziellen Themen wie etwa Kindern, darunter Helen Levitts Schmuddelstreetkids, oder zu Stopps verleitet. Es ist beim Rundlauf eher die Ausnahme, dass man das Gefühl hat, zu Fuß unterwegs zu sein. Oft fühlt man sich im Auto sitzend und aus der Windschutzscheibe oder dem Seitenfenster blickend. Große Straßen wie die Route 66, die Panamericana oder der Broadway (aus der Sicht von Thomas Struth),  kontrastieren mit Barbara Klemms Eindrücken aus Osteuropa, einem Love-Parade-Rauschen oder dem Aufmarsch von Neonazis. Eine schöne Idee ist es, die Ausstellungswände frei von jeglichen Hinweisen auf die Fotografen und deren Arbeiten zu lassen. Die Schau bleibt dem Auge vorbehalten, die Facts dem wie immer lesenswerten Begleitheft.

Lorenz Gatt
Bis 13. Juni: Di.–Sa. 11–19 Uhr
www.dzbank-kunstsammlung.de

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