Art Foyer Frankfurt: »Fenster im Blick«

Andreas Theins »Fremdenzimmer 01«, Foto: Andreas TheinLichte Momente

Die der zeitgenössischen Fotografie gewidmete Kunstsammlung der DZ-Bank hat auf ihrer neuen Ausstellung im Art-Foyer am Frankfurter Platz der Republik »Das Fenster im Blick«. Mit rund 100 Bildern beziehen 21 Künstler aus neun Ländern zu einem tiefgehenden, aber auch sehr weitschweifigen Thema Position.

Schöne Aussichten also? Nicht wirklich. Eher ist es das architektonische Konstrukt selbst, das Licht- und Luftloch in der Wand, das im Zentrum dieser Schau steht, seine Formen, seine Linien, seine Effekte. Bezeichnenderweise sparen die meisten Aufnahmen den Blick durch das Fenster aus und lassen das Draußen im Ungewissen. Bei Andreas Theins »Fremdenzimmer 01« ahnen wir gar nur ein Fenster und werden allein durch die Komposition in Spannung versetzt. Sein Bild zeigt den bestuhlten sechseckigen Tisch eines mutmaßlichen Funk- oder Interviewstudios mit zwei installierten Mikros bei rotem stummen Aufnahmelicht vor einem beigen gewellten Vorhang, hinter dem wir – tja, was? – ein Fenster in einem anderen Raum erwarten. Auch wenn vor diesem Vorhang in 100 Jahren nichts passiert, die Vermutung, dass dieser Zustand nur eine Momentaufnahme sein kann, die sich im nächsten Moment auflösen muss, bleibt nicht aus.

An der architektonischen Bestimmung der »fenestra« als Licht- und Luftquelle lehnt die Aufnahme von Christian Andrea Samares im lichtüberfluteten Atelier eines Profs der Düsseldorfer Kunstakademie an. Das Fenster selbst ist hier der Akteur, der einem Lichtregisseur gleich die vielen Materialien und Werkzeuge in diesem Raum virtuos bespielt. Ähnliches scheint dem Interieur in Freuds Wiener Arbeitszimmer in der Berggasse 19 auf dem Bild von Robert Longo zu widerfahren. Der Wiener Fotograf Edmund Engelmann hat die Aufnahmen kurz vor Freuds Flucht in das Londoner Exil (1938) ohne Blitz gemacht, weil das Haus überwacht worden ist. Nach Longos Bearbeitung könnte man meinen, der Gründer der Psychoanalyse habe vergessen, das schwarze Unbewusste einzupacken.

Barbara Klemm hat die »Lichträume« in der Kraterhöhle des US-amerikanischen Landart-Künstlers James Turell besucht – und fotografiert. Darren Almond, aus dessen Fullmoon-Serie wir im Sinclair-Haus kürzlich noch den Rügener Kreidefelsen bewunderten, hat auf seiner Pilgerreise zu den Ursprüngen der Fotografie jenes Erkerfenster von William Henry Fox Talbott gefunden, das auf dem ersten erhaltenen Papiernegativ abgelichtet ist, und dieses im Vollmond neu in Szene gesetzt.

Lorenz Gatt
Bis 2. März; Di. bis Sa., 11 bis 19 Uhr
www.dz-kunstsammlung.de

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