Smoke on the Water (72)

Sigmar Gabriel gehört zu den vielen Politikern, die mehr oder weniger verzweifelt versuchen, den Deutschen, angesichts schwindelerregender Haftungszahlen, den Nutzen des Euros klarzumachen. Wenn sich das im üblichen Rahmen hielte, würde ich mir nicht die Mühe machen, darüber zu schreiben.

Der übliche Rahmen wird durch ein Wirtschaftsinstitut abgesteckt, das den deutschen Nutzen aus dem Euro mit etwa 170 Milliarden Euro angegeben hat. Dabei entfielen rund 120 Milliarden auf den Abwertungseffekt der DM gegenüber dem Euro. Rund 50 Milliarden seien euroinduziertes Wachstum. Das ist eine theoretische Rechnung, die von unbeweisbaren Annahmen ausgeht – denn es gibt ja keine Kontrollgruppe, mit deren Hilfe man ermitteln könnte, wie sich der deutsche Export in die Euroländer ohne den Euro entwickelt hätte.

Sigmar Gabriel, dessen politische Betätigung seit geraumer Zeit aus reinem Merkel-Bashing besteht, hat nun eine Rechnung vorgelegt, die jedes Milchmädchen vor Scham erröten ließe.

Deutschland überweise seit 1999 kumuliert netto 87 Milliarden Euro nach Brüssel. Seit Einführung des Euro habe Deutschland dafür 663 Milliarden Exportüberschüsse erwirtschaftet. Diese beiden Zahlen werden saldiert (obwohl nicht einmal derselbe Zeitraum vorliegt) – Ergebnis: Deutschland sei Euro-Nettogewinner in Höhe von 663-87 = 576 Milliarden Euro.

Dabei werden nun leider Zahlen saldiert, die wenig miteinander zu tun haben – 10 Äpfel minus 5 Birnen seien 26 Brombeeren – das Ergebnis ist jedenfalls Obst.

Beginnen wir mit den deutschen Nettozahlungen. Die genannten Zahl von 87 Milliarden ist schon ein Saldo, der mehrere Hände betrifft.

Tatsächlich hat der deutsche Staat etwa 200 Milliarden an Brüssel gezahlt, etwa 113 Milliarden kamen als Subventionen (vor allem an Bauern) zurück.

Die Zahlungen nach Brüssel wurden aus Steuergeldern bestritten. Sinnvollerweise sollte man dem dann den zusätzlichen Ertrag an Steuergeldern gegenüberstellen. Bei angenommenen 25% Steuerertrag aus den Exportüberschüssen blieben rund 166 Milliarden Euro, was den deutschen Nutzen auf bestenfalls 166-87 = 79 Milliarden Euro reduziert. Anzumerken ist dabei, daß die Zahlungen nach Brüssel nichts mit dem Euro zu tun haben.

Erschwerend kommt hinzu, daß Deutschland seinen Export häufig mit Krediten finanziert hat. Die Käufer bekamen Geld, um die Waren bei uns zu kaufen. Im Falle Griechenlands sind daher nun die vielen schönen Autos weg – und das ganze Geld. Nimmt man die Haftungsrisiken hinzu, dann war der Euro eher kein gutes Geschäft für uns – und für die Griechen ist er ein Unglück.
Wollen wir – bei so viel Unverstand – wirklich von Leuten wie Gabriel regiert werden?

Kurt Otterbacher

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