Demjanjuk zum Letzten (68)

Iwan (John) Demjanjuk wurde 1920 als Sohn eines Bauern in der Ukraine geboren. 1940 in die Rote Armee eingezogen, geriet er 1942 in deutsche Kriegsgefangenschaft. Er rettete vermutlich sein Leben, indem er sich als KZ-Wärter verpflichtete. 1952 emigrierte er in die USA, wo er in Cleveland, Ohio, bis zu seiner Pensionierung Autos für Ford zusammenbaute.

1988 wurde er nach einem 7 Jahre währenden Schau-Prozeß in Israel (Beweisunterdrückung und -manipulation waren an der Tagesordnung) zum Tode verurteilt. Demjanjuk soll demnach der Psychopath »Iwan der Schreckliche« und im Vernichtungslager Treblinka aktiv an der Ermordung von 900.000 Häftlingen beteiligt gewesen sein .

5 Jahre danach sprach ihn ein israelisches  Berufungsgericht wegen »begründeten Zweifels« frei und lobte dabei gleichzeitig die »sorgfältige« Arbeit des niederrangigen Gerichts, die zu einem »untadeligen« Todesurteil geführt habe.

Obwohl Demjanjuks sofortige Freilassung angeordnet worden war, mußte er noch einige Monate »nachsitzen«. In dieser Zeit versuchte die israelische Staatsanwaltschaft, ihn wegen seiner mutmaßlichen Tätigkeit als Wärter in Sobibor anzuklagen. Zur gleichen Zeit stellte ein Gericht in Ohio rechtskräftig fest, daß amerikanischen Behörden Dokumente vorgelegen hatten, die Iwan den Schrecklichen als einen Mann namens Iwan Marchenko identifizierten.

Die Münchner Staatsanwalt eröffnete nichtsdestotrotz vor ca. 3 Jahren ein neues Verfahren gegen Demjanjuk wegen Sobibor. Neue Beweise lagen nicht vor. Es gab nur einen Ausweis, der Demjanjuk als Wärter in Sobibor auswies, dessen Echtheit aber bestritten wurde. Das Gericht verurteilte Demjanjuk im Mai 2011 wegen Beihilfe an 28.060 Morden zu 5 Jahren Haft – das sind ca. 93 Minuten je Mord, ein echtes Schnäppchen und ein Zeichen dafür, daß das Gericht seiner eigenen Beweisführung nicht traute.

Das Gericht sah es als erwiesen an, daß Demjanjuk hätte fliehen können, um sich der Beteiligung an den Morden zu entziehen. Es wurde nicht bewiesen, daß Demjanjuk dies  subjektiv erkannt haben mußte. Revision ist daher anhängig.

Jetzt ist John Demjanjuk im Alter von 91 Jahren in einem Pflegeheim in Bayern gestorben.

Für den israelischen Historiker Tom Segev zeigt der Fall Demjanjuk, daß ein »liberales Rechtssystem« es unmöglich mache, gegen Naziverbrecher vorzugehen. Die israelische Richterin Dalia Dorner, die Demjanjuk in 1. Instanz zum Tode verurteilen half, zeigt sich auch heute noch überzeugt, daß er – Beweislage hin und her – Iwan der Schreckliche gewesen ist.

Tatsächlich zeigt der Fall Demjanjuk nur, daß es im Falle von mutmaßlichen Naziverbrechern keine Unschuldsvermutung gibt. Und daß von einer unabhängigen Justiz  weder in Deutschland noch in Israel gesprochen werden kann.

Kurt Otterbacher

 

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