»Absolutely Fabulous« von Mandy Fletcher

Noch lange nicht auf dem Abstellgleis

Der erste Kinofilm der langjährigen britischen Serienstars Eddy & Patsy gerät zeitweise etwas angestrengt bei dem Versuch, ein ›round up‹ der britischen Fashion-Szene zu werden. Doch Witz und Originalität der gnadenlos hedonistischen Antiheldinnen sorgen auch diesmal für Stimmung  Sie jagen der High Society hinterher und versenken dabei unter anderem Kate Moss.

Mit zwei herrlich durchgeknallten Antiheldinnen stieg die britische BBC-Sitcom »Absolutely Fabulous« zur Kultsendung auf. Mit zwanzig Jahren lief die Serie länger als »Sex and the City«, erreichte aber jenseits des englischen Sprachraums nie den Kultstatus der US-Serie. Dabei waren auch Patsy und Edina Fashion-Victims, redeten ständig über Sex und machten irgendwas mit Medien und PR. Anders als die New Yorkerinnen blieben die Londonerinnen Singles, sie soffen, rauchten Kette, warfen Drogen ein und benahmen sich rundum unmöglich. Auch im Kinofilm könnten die Eskapaden dieser beiden amoralischen Schlampen als Taliban-Lehrfilm über die Verderbnis von West-Frauen dienen – wäre ihre Egozentrik und ihr narzisstischer Glamour nicht zugleich so beneidenswert unverschämt und bunt.
Nun ist Eddy Großmutter, zieht aber immer noch eine Schnute wie ein verzogenes Gör, wenn sie von ihrer Tochter zurechtgewiesen wird. Saffy, mit Jeans, Brille und Strickjacke auch optisch das Kontrastprogramm zur flamboyanten Mutter, agiert einmal mehr als Spaßbremse und Aufpasserin. Pleite und auf der Jagd nach einer prominenten PR-Klientin, verursachen Eddy & Patsy einen Unfall und flüchtet an die französische Riviera. Dort will Patsy einen alten reichen Lover umgarnen, um wieder liquide zu werden.
Jennifer Saunders, die Schöpferin der »AbFab«, schrieb erneut das Drehbuch. Als Eddy panzert sie sich, wie gehabt, mit Riesenhüten, während sich Patsy mit ihrem ikonischen Ivana-Trump-Haarturm und knackengen Gold Digger-Kostümen aufzäumt. Saunders überlässt Joanna Lumley, die keinen Tag älter als zu Serienbeginn aussieht – Patsy spritzt sich schon vorm Zähneputzen Botox – die zynischsten One-Liner.
Doch die Komödie hat dasselbe Problem wie andere verfilmte TV-Sketche, seien sie von den Inbetweeners (»Sex on the Beach«) oder von Badesalz (»Abbuzze!«). Auf Spielfilmlänge gestreckt, werden die Gags, die sich hier meist um den Clash zwischen der Pippi-Langstrumpf-haften Haltung »Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt« und der Realität dreht, schal. Egozentriker lassen sich nun mal besser in Häppchen ertragen. Kontraproduktiv ist auch der komödiantische Zwang zum Happy-End, der das Sisyphus-Prinzip der beiden sich ständig aufrappelnden Stehauffrauen untergräbt. Und wie bei »Zoolander« gerät der Film zum Laufsteg für den sich selbst feiernden Fashion-Zirkus. Trotz einer gewissen Angestrengtheit jedoch erfreut die Handlung durch viele witzige Ideen, etwa Kate Moss als guruhafte Königin der Szene, einem modernisierten »Some Like It Hot«-Moment und, in einem Cameo von Jon Hamm (»Mad Men«), mit der meist schockierten Männermiene der Saison. Schön ist auch, dass im liebevollen Blick auf diese gnadenlosen Hedonistinnen jegliche Bösartigkeit à la »Der Tod steht ihr gut« vermieden wird. Im gouvernantenhaften Zeitgeist dieser Tage wirken diese retro anmutenden  »Material Girls« mit ihrem Kampf gegen das Vergehen und um einen Platz auf der Yacht an der Côte so unkaputtbar lebenssüchtig wie die Rolling Stones.

Birgit Roschy
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ABSOLUTELY FABULOUS: DER FILM
von Mandie Fletcher, GB/USA 2016, 91 Min.
mit Jennifer Saunders, Joanna Lumley, Julia Sawalha, June Whitfield, Jane Horrocks, Kate Moss
Komödie
Start: 08.09.2016

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